Ausgabe 2-2022 : Mai

„Ein klares Zeichen setzen“

Alexander Suchomsky ist beim Kolpingwerk nicht nur Referent für Arbeitswelt und Soziales ist, sondern gleichzeitg auch Bundesgeschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Arbeitnehmerorganisationen (ACA). Im Interview spricht er unter anderem darüber, welche Bedeutung die Sozialwahl hat, warum es sich lohnt, für die ACA zu kandidieren und wieso es Sinn macht, bei der Wahl seine Stimme abzugeben.

Auch bei der im kommenden Jahr anstehenden Sozialwahl wird das Kolpingwerk Deutschland nicht alleine antreten, sondern zusammen mit der Katholischen Arbeitnehmerbewegung (KAB) und dem Bundesverband evangelischer Arbeitnehmerorganisationen (BVEA). Dafür haben sie sich zur ACA zusammengeschlossen – der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Arbeitnehmerorganisationen. Ihr Bundesgeschäftsführer ist seit Anfang 2020 Alexander Suchkomsky, der zudem auch Kolping-Referent für Arbeitswelt und Soziales ist.

Ich unterstelle jetzt einmal, dass viele Menschen mit dem Begriff „Sozialwahl“ bislang nicht sonderlich viel anfangen können. Mal Hand aufs Herz: Wann hast du das erste Mal etwas davon gehört?

Alexander Suchomsky: Gehört hatte ich davon zwar schon, aber so wirklich damit auseinandergesetzt und verstanden, worum es sich dabei eigentlich handelt, habe ich erst, als ich zu Kolping gekommen bin. Da ging es mir wahrscheinlich wie vielen anderen auch. Trotz ihres überschaubaren Bekanntheitsgrades sollte man die Bedeutung der Sozialwahlen und der mit ihr verbunden Selbstverwaltung keinesfalls unterschätzen.

Warum?

Die Selbstverwaltung der Sozialversicherungsträger ist Ausdruck der Sozialpartnerschaft zwischen Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen. Gemeinsam treffen sie Entscheidungen über die strategische Ausrichtung von Krankenkassen oder Berufsgenossenschaften.

 

"Für uns gehört es zum Kern der sozialen Marktwirtschaft, dass in den Sozialversicherungen nicht ausschließlich einfach von der Politik aus Entscheidungen getroffen werden."
Alexander Suchomsky

Weshalb engagiert sich Kolping bei den Sozialwahlen?

Kolping ist der Idee der sozialen Selbstverwaltung traditionell verpflichtet. Für uns gehört es zum Kern der sozialen Marktwirtschaft, dass in den Sozialversicherungen nicht ausschließlich einfach von der Politik aus Entscheidungen getroffen werden, sondern die Versicherten selbst Verantwortung übernehmen können. Und genau das tun sie im Rahmen der Selbstverwaltung gemeinsam mit den Arbeitgeber:innen.

Wie muss man sich die Zusammenabreit der drei Verbände in der ACA vorstellen?

Ziel und Zweck der ACA ist es, sich als Verbände zu vernetzen, eine Wahlkampagne auf den Weg zu bringen und dann gemeinsam mit einer Liste bei verschiedenen Sozialversicherungsträgern anzutreten. Übrigens nicht nur auf Bundesebene wie zum Beispiel bei der „Deutschen Rentenversicherung Bund“, sondern auch auf regionaler Ebene, auf der die ACA in ihren Landesverbänden ebenfalls organisiert ist und mit ihren Kandidierenden beispielsweise für die Organe der Allgemeinen Ortskrankenkassen – besser bekannt als AOK – antreten.

Noch bis Anfang Juni kann man sich bei der ACA bewerben, um als sogenannte:r Selbstverwalter:in zu kandidieren. Warum lohnt es sich, dieses Ehrenamt anzustreben?

Gerade für uns als christlicher Sozialverband ist es wichtig, sagen zu können: Wir tun durch unser Engagement in der Selbstverwaltung etwas für die Versicherten. Es gibt ja nicht nur die Verwaltungsräte und Vorstände, sondern auch verschiedene Ausschüsse wie etwa einen Widerspruchsausschuss. Dort kann zum Beispiel ein:e Versicherte:r, dessen Antrag auf Rehabilitation nicht akzeptiert wurde, Einspruch einlegen. In diesem Ausschuss sitzen unter anderem auch Engagierte von Kolping, die darüber befinden, ob ein solcher Antrag nicht doch positiv beschieden und dem Versicherten eine Reha-Maßnahme ermöglicht werden kann. Das ist im positiven Sinne ein Dienst am und für den Menschen.

Vor einem knappen Jahr wurde das Gesetz zur Modernisierung der Sozialversicherungswahlen beschlossen. Auf welche Neuerungen darf man sich mit Blick auf die kommenden Wahlen gefasst machen?

Das Gesetz zielt vor allem darauf ab, das allgemeine Interesse für die Sozialwahlen und die Akzeptanz für das System der Selbstverwaltung zu steigern. Damit möchte man auch auf die sinkende Wahlbeteiligung der vergangenen Jahrzehnte reagieren. Im Bereich der Krankenkassen wird es im Rahmen eines Modellprojekts erstmals die Möglichkeit der Online-Stimmabgabe geben. Außerdem wurde eine Geschlechterquote eingeführt, sodass auf den Vorschlagslisten für die Krankenkassen 40 Prozent der kandidierenden Frauen sein müssen. Ein wichtiges Signal für mehr Gleichberechtigung.

Inwieweit profitiere ich davon, wenn ich zur Wahl gehe?

Indem ich meine Stimme abgebe, trage ich dazu bei, dass Versicherte ihre eigene – ich spitze es mal ein wenig zu – „Lobby“ in der Selbstverwaltung haben. Damit setzt man ein klares Zeichen, dass nicht nur die Politik zunehmend Entscheidungen treffen sollte, die für die Sozialversicherung von Bedeutung sind. So können auch die Bürger:innen konkret Einfluss nehmen.

Foto: Barbara Bechtloff

Weitere Informationen zur ACA gibt es auf der Homepage www.aca-bund.de. 

Sozialwahlen
Geschrieben von
Marian Hamacher

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