Ausgabe 2-2022 : Mai

„Wir sind Kolping. Es lohnt sich, bei uns mitzumachen!“

Am 1. April hat Alexandra Horster ihr Amt als Bundessekretärin angetreten. Das Kolpingmagazin sprach mit ihr über die aktuellen Herausforderungen des Kolpingwerkes und darüber, wo sie in den kommenden Jahren Schwerpunkte setzen möchte.

Kolpingmagazin: Bundessekretärin Alexandra Horster. Wie klingt das für dich?

Alexandra Horster: Es ist noch etwas ungewohnt. Aber ich habe mittlerweile eine Einarbeitungszeit von gut einem Monat hinter mir. In dieser Zeit habe ich die Abläufe im Bundessekretariat und viele neue Menschen kennengelernt. Ich hab vieles wahrgenommen, was im Fluss ist, und was zu tun ist. Nun freue ich mich darauf, das Amt mit Leben zu füllen.

Ist ein Monat nicht ein bisschen kurz, um das Kolpingwerk in seiner ganzen Vielfalt kennenzulernen?

Horster: Am Ende des Tages habe ich vielleicht ein Drittel dessen mitgenommen, was an Handwerkszeug für eine erfolgreiche Tätigkeit nötig ist. Für den Rest weiß ich ein gutes Team im Bundessekretariat und viele liebe Kolleginnen und Kollegen im Bundesvorstand an meiner Seite, die mich dabei unterstützen, die Vielfalt an Themen und Schwerpunkten zu bewältigen.

Du startest in unruhigen Zeiten in dein neues Amt. Wie erlebst Du die aktuelle Situation?

Horster: In der gegenwärtigen Situation, die in Folge der Pandemie, des Ukraine-Kriegs und auch der Krise unserer Kirche von großer Unsicherheit geprägt ist, halte ich es für wichtig, einerseits zu wissen, wo wir stehen. Unser gesellschaftliches, kirchliches und politisches Engagement wurzelt in den Ideen und dem sozial-caritativen Engagement unseres Verbandsgründers, die auch in der Katholischen Soziallehre ihren Niederschlag gefunden haben. Die Arbeit, die wir sowohl vor Ort in den Kolpingsfamilien als auch in den Einrichtungen und Unternehmen leisten, gibt vielen Menschen Halt. Andererseits müssen die Ideen und Lehren immer auch auf ihre Relevanz für die derzeitige Situation befragt werden. Und wenn wir den Eindruck gewinnen, dass die äußeren Rahmenbedingungen im Wandel sind, dann müssten wir bereit sein, uns mutig aufzumachen um neue Weg zu gehen.

Welche Bedeutung haben Kolping und das katholische Verbandswesen für die Entwicklung des Katholizismus in Deutschland?

Horster: Als katholische Verbände sind wir eine der wichtigsten Säulen, die die Kirche authentisch bleiben lässt. Wir sind ein Motor des Synodalen Weges und zeigen auf, wie Kirche sich verändern muss, wenn sie den Kontakt zu den Menschen nicht endgültig verlieren will. Die spannende Frage ist: Geht die Amtskirche diesen Weg mit? Doch egal, ob wir an ein gutes Ende gelangen: Wir werden als Kolping ein Ort bleiben, wo es gelingt, unseren Glauben in Gemeinschaft zu leben. Vielleicht werden wir in Zukunft noch stärker Ankerpunkt für Menschen sein, die sich von der verfassten Kirche abwenden. Ich würde mich freuen, wenn es uns gelänge, diesen Menschen eine verbandliche Heimat zu bieten.

Wie beurteilst Du den Leitbildprozess vor dem Hintergrund der großen gesellschaftlichen und kirchlichen Veränderungen?

Horster: Wir sind am Puls der Zeit. Der Leitbildprozess kommt jetzt gerade richtig. Er wird uns Schwung geben, um auch aus dieser Corona-Pandemie und den Einschränkungen wieder rauszukommen. Wir können damit nach innen gute Impulse geben sowie nach außen signalisieren: Wir sind Kolping. Und es lohnt sich, bei uns mitzumachen!

Von 2013 bis 2022 warst du Geschäftsführerin des Kolping Jugendwohnens. Wie hast du den Verband sowie seine Einrichtungen und Unternehmen in dieser Zeit kennengelernt?

Horster: Ich kannte vorher vor allem durch meinen jugendverbandlichen Hintergrund die Kolpingjugend und habe durch meine Zeit beim Jugendwohnen die Vielfalt des Verbandes kennengelernt. Manchmal hatte ichden Eindruck, dass es vielen außerhalb des Verbandes, aber auch innerhalb so geht, dass sie die Gesamtheit und Vielfalt unseres Verbandes nur in Ausschnitten wahrnehmen.

Wo siehst du Entwicklungsmöglichkeiten für den Verband?

Horster: Ich glaube, dass Kolping mit seiner Breite an ehrenamtlich Engagierten, aber eben auch an hauptberuflichen und hauptamtlichen Mitarbeitenden in den Unternehmen und Einrichtungen im Gegensatz zu vielen anderen katholischen Verbänden ein unglaubliches Potenzial hat. Mit dieser breiten Aufstellung können wir sehr viel bewirken, wenn wir die Kräfte bündeln und nach außen KOLPING auch als Marke präsentieren. Darüber hinaus gibt es Themen, die wichtig geworden sind, wie die Digitalisierung, sowohl was die Öffentlichkeitsarbeit anbetrifft, als auch die Kommunikation und Organisation innerhalb des Verbandes. Als Herausforderung betrachte ich die Mitgliedergewinnung, denn es gilt Rückgänge aufzuholen, die wir durch Corona zu verzeichnen haben. Mit der Arbeitsgruppe „Begleitung und Beratung“ könnten wir dazu zum Beispiel auf die Kolpingsfamilien zugehen und mit ihnen überlegen, was sie brauchen, um aktiv auf die Menschen in ihrem Umfeld zuzugehen.

Du kommst aus der Jugendverbandsarbeit. Wie siehst du die Rolle der Kolpingjugend in unserem Verband?

Horster: Die Kolpingjugend war das erste, was ich von Kolping kennengelernt habe und was ich von Anfang an zu schätzen wusste. Man spricht immer von der „Zukunft des Verbandes“, aber für mich ist sie mehr: Sie bringt uns inhaltlich und thematisch weiter nach vorne – beispielsweise in der Frage von Geschlechter- oder Klimagerechtigkeit. Das tut uns gut und hält uns jung. Deshalb darf die Jugend auch anders und „frecher“ sein als der Rest des Verbandes.

Wie sieht deine Vision für die Zukunft des Verbandes aus?

Horster: Für mich ist wichtig, dass wir Kirche und Gesellschaft in unseren Kernthemen aktiv und engagiert mitgestalten. Dafür müssen wir unsere Vielfalt und Pluralität an der Basis unserer Kolpingsfamilien erhalten. Nur so können sich viele Menschen bei uns zuhause fühlen und Spaß haben, bei uns mitzumachen. Dafür muss der Verband als Institution stark aufgestellt sein. Und das gelingt uns in engem Zusammenhalt mit den Verbänden der Kolpinghäuser und der Kolping-Bildungsunternehmen. Dass sich die verbandlichen Gliederungen sowie die Einrichtungen und Unternehmen gegenseitig stärken und befruchten, halte ich für ein ganz wichtiges Erfolgskriterium für die Zukunft unseres Verbandes.

Geprägt durch die katholische Jugendverbandsarbeit


Alexandra Horster, Bundessekretärin des Kolpingwerkes Deutschland

Geboren 1976 in Mönchengladbach, engagierte sich Alexandra Horster schon früh in der katholischen Jugendverbandsarbeit. Nach dem Abitur absolvierte sie ein Freiwilliges Soziales Jahr. Danach studierte sie Sozialpädagogik an der KFH in Aachen. Im Anschluss an ein Anerkennungsjahr in der Jugendakademie Walberberg und eine betriebswirtschaftliche Qualifikation wurde sie 2002 Vorsitzende des BDKJ-Diözesanverbandes Aachen. 2008 übernahm sie die Projektleitung der 72-Stundenaktion des BDKJ in Nordrhein-Westfalen. Von 2009 bis 2013 war sie als Landesvorsitzende des BDKJ und des Landesjugendrings in Nordrhein-Westfalen tätig. Danach stieg sie bei Kolping als Geschäftsführerin des Kolping Jugendwohnens ein. Horster ist verheiratet und hat einen Sohn.

Foto: Marian Hamacher/Kolpingwerk Deutschland