Wenn man so will, waren Sie beide Pioniere: Denn bis zur Bundesversammlung 2016 gab es keine Geistliche Leitung auf Bundesebene. Wie haben Sie diese Zusammenarbeit gestaltet? Ist sie so gekommen, wie Sie es sich vorgestellt haben oder wurden Sie überrascht?
Josef Holtkotte: Ich fand es gut, dass ich Rosalia schon seit vier Jahren als Mitglied des Bundesvorstandes kannte, als sie ins Amt kam. Als Mitglied im Bundesfachausschuss „Kirche mitgestalten“, den sie geleitet hat, hatten wir schon Erfahrung in der Zusammenarbeit. Es gab bereits ein Miteinander, und Vertrauen war längst gewachsen, denn wir sind beide keine Typen, die meinen, sich auf Kosten des jeweils anderen profilieren zu müssen. Das hat definitiv geholfen, eine solch wichtige Aufgabe anzugehen, die ja für uns beide Neuland war.
Rosalia Walter: Aufgrund dieser Erfahrungen wurden wir nicht überrascht. Es war für uns klar, dass die Wellenlänge passt und wir uns auch theologisch ergänzen. Die Zusammenarbeit auf Augenhöhe ist für uns selbstverständlich. Ansonsten wäre das Miteinander wohl schwierig.
Holtkotte: Wir möchten uns als Kolpinggemeinschaft auch in unserem Miteinander als eine Kirche erleben, die nahe bei den Menschen ist. Das heißt nicht, dass wir immer der gleichen Meinung sein müssen. Rosalia und ich schaffen es auch, zusammen zu finden, wenn wir unterschiedliche Meinungen haben. Deshalb sind uns auch der Austausch, gemeinsame Überlegungen und Planungen so wichtig.
Das klingt nach vielen Telefonaten. Wie oft sprechen Sie pro Woche miteinander?
Holtkotte: Telefonieren ist zum Glück gar nicht so oft nötig, weil wir uns mindestens einmal im Monat entweder in den Sitzungen des Bundespräsidiums oder des Bundesvorstandes sehen. Hinzu kommen unsere Sitzungen im Bundesfachausschuss und andere Tagungen. Wir können uns also häufig sogar persönlich sehen, obwohl Rosalia in Bayern, im schönen Allgäu, lebt.
Walter: Wir haben einen guten Stil gefunden, wenn wir Dinge gemeinsam erarbeiten. Falls wir uns nicht zusammensetzen können, rufen wir uns gegenseitig an oder tauschen uns durch Mails aus.
Holtkotte: Wenn wir unsere regelmäßigen Treffen nicht hätten, würden wir uns wahrscheinlich mindestens einmal pro Monat sehen wollen, um uns gegenseitig auf dem Laufenden halten zu können. Aber natürlich: Seit Beginn der Corona-Zeit gibt es viel mehr Telefonate, Mails und Videochats.
Was würden Sie als ein gemeinsames Schwerpunktthema bezeichnen?
Walter: Das Amt der Geistlichen Leitung und seine Bedeutung bekannter zu machen. Dafür ist es unter anderem wichtig, dass wir alle – gleich ob als Laien oder Geweihte – uns neu bewusst werden, welche Würde uns in der Taufe geschenkt worden ist. Laien verstehen sich nicht mehr als Zuarbeiter oder als verlängerter Arm der geweihten Amtsträger.
Holtkotte: Mir ist es immer ein Anliegen, herauszustellen, welche Chancen das Amt der Geistlichen Leitung bietet. Wenn ich sehe, wie sich Verantwortliche in den Diözesan- und Landesverbänden beziehungsweise Regionen um Ausbildungskonzepte bemühen und diese auch durchführen, merke ich, dass da viel Qualifikation geschieht. Da gibt es inzwischen sehr viele positive Entwicklungen und gute Erfahrungen.
Walter: Ein großes Anliegen von uns beiden war auch, die Person und Spiritualität von Adolph Kolping für die heutige Zeit ansprechend darzustellen.
Holtkotte: Als Verband orientieren wir uns auch heute an Adolph Kolping, nehmen uns ihn zum Vorbild – da liegen unsere Wurzeln. Deshalb ist es uns beiden sehr wichtig, möglichst viele Aspekte der Spiritualität Adolph Kolpings aktuell zu entfalten. Es reicht nicht, ein Zitat aus dem 19. Jahrhundert zu bringen, sondern wir müssen dies ins Heute übersetzen.
Walter: Zur Unterstützung der Kolpingsfamilien in der Pastoralen Arbeit haben wir gemeinsam Materialien erarbeitet, die auf unserer Homepage unter dem Stichwort „Glaube und Kirche“ zusammengestellt sind.