Ausgabe 2-2023 : Mai

Traumberuf Handwerk

130 Ausbildungsberufe gibt's hierzulande im Handwerk. 1 davon haben wir für Dich besucht. Heute: Maßschuhmacherin Kim Himer (35 Jahre)

Ohne das Handwerk würde es das Kolpingwerk so nicht geben. Schließlich begründete Adolph Kolping – selber gelernter Schuhmacher – vor knapp 200 Jahren den katholischen Gesellenverein, um seinerzeit Handwerkern unter die Arme zu greifen. Grund genug, zu schauen: Wie wird Handwerk heute gelebt? Wie hat es sich verändert – und was ist seit Jahrhunderten gleich? Über Meister, Gesellen und Lehrlinge.

Adolph Kolping war Schuhmacher – und Kim Himer ist es auch. Die 35-jährige Wahlkölnerin betreibt ihre Werkstatt mit angeschlossenem Geschäft in der Kölner Innenstadt. Sobald man den Fuß in ihren Laden setzt, ist klar: dies ist nicht irgendein Schuhgeschäft! Hier sind sogar die Bodenfliesen aus Leder gefertigt, die Decke ist von einem opulenten Gemälde geziert, welches die Heiligen Crispinus und Crispinianus, die Schutzpatronen der Gerber und Schuh-macher darstellt. Die Liebe zum Handwerk ist in jedem Winkel zu spüren.

Maßschuhe im Trend

Durch eine Doppelschwingtür gelangt man in die perfekt ausgestattete Werkstatt. Kim Himer ist nicht nur eine von heute etwa 100 Maßschuh­macher*innen  in Deutschland, die von der Maßfertigung leben. Sie war auch vor 15 Jahren die jüngste Schuhmacherin dieser Zunft. "Ich bin von klein auf in der Werkstatt meines Vaters groß geworden. Handwerk, das war meins! Und ist es heute immer noch", schwärmt sie.

Seit 15 Jahren ist die gebürtige Baden-Badenerin selbstständig – und hat seitdem gut zu tun. Nicht nur Prominente wie Gladiator-Schauspieler Ralf Möller oder TV-Koch Horst Lichter zählen zu ihren Kunden. Die Nachfrage nach Maßschuhen steigt generell. Kim Himer hat eine Theorie: "Immer mehr junge Leute setzen auf Qualität und Nachhaltigkeit. Viele sparen sich mittlerweile den Maßschuh zusammen. Der hält bei guter Pflege dann gerne mal 20 bis 30 Jahre. Und das Tolle: Er ist reparaturfähig!"

"Meine Schleifmaschine möchte ich nicht missen, trotzdem arbeiten wir natürlich auch immer noch ganz klassisch mit Ahle und Faden. Moderner sind allerdings die Materialien geworden, da hat sich was getan!"
Kim Hirner

Am meisten Zeit verbringt Kim Himer in ihrer Werkstatt. Etwa 300 Leisten – jedes Paar einem Kunden zugeordnet, hängen an den Wänden. Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Schuhmacher und Schuster? "Manche Schuhmacher fühlen sich auf den Schlips getreten, wenn sie als Schuster betitelt werden", lacht die Kölnerin. "Der Schuster repariert Schuhe. Der Schuhmacher baut sie!"

Der Beruf des Schuhmachers ist weit über 7.000 Jahre alt. Noch heute wird ähnliches Werkzeug benutzt, mit dem schon vor Generationen Schuhe hergestellt wurden.  Heute stellt die Schuhmacherin auch Sneaker nach Maß her – und die kommen bei den Kunden richtig gut an!

Der Verkaufsraum von Kim Himer hat eine Besonderheit: eine Deckenmalerei des Bruderpaares Crispinus und Crispinianus, Schutzpatrone der Schuhmacher, Gerber und Sattler.

Eine Treppe führt von der Werkstatt aus hinab in den Showroom der Maßschuhmacherin. Hier wird mit dem Kunden das Leder ausgesucht, das Modell besprochen und Maß genommen, bedeutet: von den Füßen wird eine Blaupause angefertigt. Mit dem Maßband werden definierte Punkte am Fuß millimetergenau vermessen. Anhand der Werte wird der Leisten erstellt. Anschließend macht sich Kim Himer an die Anfertigung des "statischen Probeschuhs", der aus durchsichtigem Kunststoff hergestellt wird. "Statisch, weil der Kunde darin nicht herumlaufen soll. Wir sehen uns lediglich an, wie der Fuß in dem Schuh sitzt", erklärt sie. Für die zweite Anprobe wird ein Lederprobeschuh mit einer einfachen Sohle gebaut. Die Innensohle besteht aus einem Spezialmaterial, in dem der Fuß einen wertvollen Abdruck hinterlassen soll. Der Kunde soll diesen Schuh 20 bis 30 Stunden lang tragen. Anschließend wird dieser Schuh aufgeschnitten, Kim Himer prüft ein letztes Mal, wo es noch drückt oder reibt, und korrigiert den Leisten entsprechend. Das erste Paar Maßschuhe gibt es ab 3.950 Euro. Ab dem zweiten Paar fallen die Anproben weg und der Schuh nach Maß ist ab 3.200 Euro zu haben. Und was trägt Kim Himer eigentlich selbst privat? "Ich trage tatsächlich auch viele Maßschuhe, aber natürlich auch ganz normale Sneaker und so. Nur eines kommt mir nicht an die Füße: Crocs!", lacht sie.

Nächstes Jahr möchte die junge Mutter auch wieder einen Lehrling in ihren Betrieb nehmen, um ihr Wissen über das klassische Handwerk mit Blick auf moderne Materialien und Stile weiterzugeben. 

"Mein Job wird einfach nicht langweilig. Der kreative Prozess, immer wieder etwas Neues zu erfinden, macht mir total Spaß."
Kim Hirner

Maßschuhmacher*in

Gewerkegruppe: Bekleidungs-, Textil- und  Ledergewerbe

Interessensbereich: Fashion/Beauty; Verkauf/Beratung

Dauer der Ausbildung: 3 Jahre

Vergütung (Brutto): 
ca. 620 € im 1. Lehrjahr
ca. 840 € im 3. Lehrjahr
Einstiegsgehalt: ca. 1.800 €
Gehalt als Meister: ca. 3.000 € 

Voraussetzung: 
Hauptschulabschluss oder Realschulabschluss, Abitur oder Fachabitur

Auch im nächsten Magazin schauen wir uns 1 von 130 an! Gibt es einen handwerklichen Beruf, über den Du mehr erfahren möchtest? Dann schick’ uns gerne Dein Feedback an mitmachen(at)kolping.de oder postalisch an Kolpingwerk Deutschland, Redaktion, St.-Apern-Straße 32, 50667 Köln.


Fotos: Friederike Nehrkorn
Quelle: www.handwerk.de

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