Ausgabe 1-2021 : Februar

Mehr als bloß eine Spende

20 Jahre ist es inzwischen her, dass das Kolpingwerk Deutschland seine Gemeinschaftsstiftung gründete. Ihre Aufgaben gehen weit über das reine Sammeln von Geldern hinaus – und haben den Verband mitunter entscheidend verändert.

Zwei Tage lang war Frankfurt in die Farben Schwarz und Orange getaucht: Im Mainhaus fanden Interessierte Workshops zu den verschiedensten Themen und wer etwas mehr Trubel brauchte, war beim bunten Rahmenprogramm auf dem Roßmarkt genau richtig: Inzwischen ist es schon über zwei Jahre her, dass über 1.200 Kolpingjugendliche aus allen Ecken Deutschlands in die Mainmetropole strömten, um ihr bundesweites Event „Sternenklar – Du baust die Zukunft!“ zu feiern. Doch wer dabei war, dürfte noch sehr präsente Erinnerungen an das sommerliche letzte Septemberwochenende 2018 haben. Schließlich war es nicht nur beste Werbung für die Kolpingjugend. Es war außerdem ein klares Bekenntnis zu Europa, gegen Ausgrenzung – und zur Kirche als Ort der Begegnung. 

Gefördert wurde das Event der Kolpingjugend unter anderem vom Fonds „Junge Menschen“ der Gemeinschaftsstiftung Kolpingwerk Deutschland. „Jedes Jahr profitieren ausgewählte Projekte davon, dass sie aus den Erträgen der Stiftung Zuschüsse erhalten“, sagt Svenja Thomas. Seit vergangenem Jahr ist die 33-Jährige im Kolpingwerk unter anderem für die Spendenkommunikation zuständig. Angelehnt an die vier Handlungsfelder des Verbandes gibt es zudem noch die inhaltlichen Fonds „Familie“, „Arbeitswelt“ und „Eine Welt“. Wenn ein Projekt zu einem der vier Handlungsfelder passt, hat es Chancen, dass es durch die Gemeinschaftsstiftung mit einem Zuschuss unterstützt wird. 
 

"Jedes Jahr profitieren bestimmte Projekte davon, dass sie aus den Erträgen der Stiftung Zuschüsse erhalten", sagt Svenja Thomas, die im Kolpingwerk unter anderem für die Spendenkommunikation zuständig ist. 

2020 waren es ausnahmsweise nur zwei Empfänger. 1.000 Euro gingen erstmals als Obolus an die Gewinner der ersten drei Plätze des Kolpingjugendpreises. Der restliche zur Verfügung stehende Betrag floss an den Corona-Fonds von Kolping International. „Allerdings aufgeteilt in vier Zahlungen, damit auch in diesem Fall die Zuwendungen passend zu den vier Handlungsfeldern verwendet werden können“, betont Svenja Thomas.

Doch um was genau handelt es sich eigentlich bei der Gemeinschaftsstiftung? Wer gegenüber von Bundessekretär Ulrich Vollmer Platz nimmt, wird es schon kurze Zeit später wissen – schließlich kennt der 63-Jährige den Verband „von der Pike“ auf. In Leitungsfunktionen war er schon in der Kolpingjugend aktiv und wechselte 2008 als damaliger stellvertretender Bundesvorsitzender aus dem Ehrenamt in die hauptamtliche Leitung des Verbandes.

300.000 Euro betrug damals das Gründungskapital, mit der der Deutsche Kolpingsfamilie e.V. – ein Rechtsträger des Kolpingwerkes Deutschland, dem die stimmberechtigten Mitglieder des Bundesvorstandes angehören – am 26. Januar 2001 die Gemeinschaftsstiftung ausstattete. „Das Ziel war es, dass Diözesanverbände, Kolpingsfamilien oder Einrichtungen und Unternehmen, die etwas für ihre finanzielle Absicherung tun wollen, so die Möglichkeit haben, unter dem Dach der Gemeinschaftsstiftung eine unselbstständige Stiftung zu errichten“, erklärt Vollmer.

Es gehöre nämlich schon ein gutes Stück Rechtskenntnis, Zeitaufwand und Organisation dazu, eine sogenannte selbstständige Stiftung zu gründen – also eine Stiftung, die rechtsfähig ist und somit auch Verträge schließen kann. Für eine unselbstständige Stiftung übernehme das ein Treuhänder, in diesem Fall die Gemeinschaftsstiftung. 

„Der große Vorteil ist, dass die verbandlichen Untergliederungen selbst über die Verwendung ihrer Mittel entscheiden können“, sagt Ulrich Vollmer, Bundessekretär des Kolpingwerkes Deutschland. „Alle unselbstständigen Stiftungen haben dann auch ein eigenes Kuratorium.“ 
 

Ein gutes Beispiel sei ein Diözesanverband, der zwar gerne eine Stiftung errichten, mit den vielen rechtlichen Fragestellungen aber selbst nichts zu tun haben möchte. Schließt er mit der Gemeinschaftsstiftung einen entsprechenden Vertrag und gibt sich eine Satzung, sei die unselbstständige Stiftung eigentlich schon gegründet. „Das soll alles möglichst schnell und effektiv sein.“ Inzwischen gibt es 18 unselbständige Stiftungen unter dem gemeinsamen Dach der Gemeinschaftsstiftung. Sie alle vertritt der Vorstand der Gemeinschaftsstiftung gegenüber der zuständigen Stiftungsaufsicht sowie in allen rechtlichen Angelegenheiten.

Einen anderen großen Vorteil der Gemeinschaftsstiftung erleben alle Mitglieder des Verbandes alljährlich bei der Zahlung des Mitgliedsbeitrages. Denn der musste auch dank der Gemeinschaftsstiftung seit 1996 nicht mehr erhöht werden. Anfang 2004 deutete darauf allerdings noch nicht sonderlich viel hin. Das Prinzip für eine mögliche Beitragserhöhung war im Kolpingwerk immerhin bestens erprobt: Drei Jahre baute das Kolpingwerk Überschüsse auf, fuhr dann zwei Jahre einen ausgeglichenen Haushalt und glich ihn in den folgenden drei Jahren aus den Überschüssen der ersten drei Jahre aus. „Vor der Bundesversammlung 2004 in Osnabrück wurde in der Diskussion deutlich, dass aufgrund der damaligen allgemeinen wirtschaftlichen Situation in Deutschland eine klassische Beitragserhöhung nicht durchzusetzen war“, erinnert sich Vollmer. Dann sei der Gedanke aufgekommen, ob es nicht eine Alternative sei, einen Kapitalstock „Zustiftungsbeträge“ der Gemeinschaftsstiftung (siehe Grafik) aufzubauen und auf Erhöhung der Mitgliedsbeiträge zu verzichten. Das Ziel: Aus den Erträgen des Kapitalstocks „Zustiftungsbeträge“ sollte jährlich die Arbeit des Kolpingwerkes Deutschland und der Diözesanverbände bezuschusst werden. Eine Idee, die die Bundesversammlung in Osnabrück beherzt aufgriff und beschloss. 
 

Der aus den Zustiftungsbeträgen der Mitglieder finanzierte Kapitalstock wächst weiter. Er lag zum 31. Dezember 2019 bei 15.827.934,58 Euro. Zur Mittelverwendung aus dem Jahresüberschuss 2019 standen 626.803,27 Euro zur Verfügung.

"Eine strategisch gute Entscheidung“

Seit 2006 zahlt jedes Mitglied ab einem Alter von 23 Jahren nun 6 Euro (Ehepaare 9 Euro) in den Kapitalstock „Zustiftungsbeträge“ ein. „Dadurch haben wir ihm in den letzten 14 Jahren pro Jahr gut 1,2 Millionen Euro zugeführt“, sagt der Bundessekretär. Mit den Erträgen werden seitdem die Haushalte der Diözesanverbände und des Kolpingwerkes Deutschland unterstützt. „Es war eine strategisch gute Entscheidung, neben den auch weiterhin unverzichtbaren Mitgliedsbeiträgen, die natürlich das Gros der überörtlichen Verbandsfinanzierung sind, eine weitere Säule zu haben“, findet Vollmer. Dass die Gemeinschaftsstiftung inzwischen über ein Stiftungskapital von mehr als 25 Millionen Euro verfügt, habe bei ihrer Gründung wohl kaum jemand für möglich gehalten. Ein Großteil des Stiftungskapitals ist in werthaltigen eigenen Immobilien in Köln und Frankfurt a.M. angelegt. „Dadurch sind die Stiftungserträge in den letzten Jahren eigentlich immer gestiegen“, berichtet der 63-Jährige. Mit einer Anlage am Finanzkapitalmarkt bei den stark gesunkenen Zinsen wäre dies laut Vollmer in den zurückliegenden Jahren nicht erreichbar gewesen. „Wir werden dann jetzt wohl bald sehen, ob die Ertragsentwicklung durch die Corona-Krise getrübt wird.“ 

Während sich der Kapitalstock Zustiftungsbeträge aus den Zahlungen der Mitglieder generiert, stammen die Gelder aus den vier Handlungsfelder-Fonds größtenteils aus Zustiftungen – gerade anlässlich von Jubiläen oder runden Geburtstagen – sowie von einzelnen Erbschaften. Eine ziemlich große Erbschaft sei auch der Grund gewesen, weshalb die vier Fonds vor gut zehn Jahren geschaffen wurden, erklärt Vollmer: „Mit ihnen sprechen wir besonders diejenigen an, die sich mit den inhaltlichen Anliegen eines oder mehrerer Handlungsfelder des Kolpingwerkes besonders verbunden fühlen.“
Eine gute Entscheidung, findet Svenja Thomas. So könne man genau das unterstützen, was einem persönlich sehr am Herzen liegt. „Und mit der Aufnahme eines Handlungsfelds, unter anderem im eigenen Testament, kann man zu Lebzeiten selbst bestimmen, wohin das Geld geht und was man mit dem Nachlass noch über den eigenen Tod hinaus bewirken kann.“ Der größte Vorteil einer Erbschaft sei, dass eine gemeinnützige Stiftung keine Erbschaftssteuer zahlen muss. So bleibe mehr vom Geld übrig, das dann in voller Höhe für den jeweils gewünschten Zweck eingesetzt werden kann. Derzeit arbeitet Thomas an einer Aktualisierung der Ratgeber-Broschüre, die Kolpingmitgliedern bei der Nachlassgestaltung helfen soll und zeitnah auf den Online-Portalen des Kolpingwerkes erscheinen wird. 
 

Mitgliedsbeiträge 2019

Im Jahr 2019 wurden an das Kolpingwerk Deutschland Mitgliedsbeiträge in Höhe von 5,21 Mio. Euro überwiesen. Von dort wurde das Geld, den Aufgaben entsprechend, zugeteilt. 

  • 43,41 % (2,26 Mio. Euro) wurden 2019 für die weiteren Aufgaben des Bundesverbandes verwendet. 
  • 28,01 % (1,50 Mio. Euro) wurden an die 27 Diözesanverbände zur Finanzierung ihrer Arbeit als Zuschuss gezahlt. 
  • 21,27 % (1,11 Mio. Euro) wurden für die Verbandsmedien (Kolpingmagazin, Idee & Tat sowie Online- und Social-Media-Aktivitäten) ausgegeben. 
  • 7,32 % (381.000 Euro) sind sogenannte Fixkosten: Dazu zählen die Unterstützung der Landes- und Regionalverbände, Beiträge an andere Organisationen (z.B. das Internationale Kolpingwerk), Gruppenunfall- und Haftpflichtversicherung.
Im Jahr 2019 betrugen die Gesamteinnahme des Kolpingwerkes Deutschland und der Kolpingwerk Deutschland gemeinnützige GmbH 8.746.133 Euro. Zu Sonstige gehören u.a. Miet- sowie Vermögenserträge.

Auch steuerlich interessant

Erbschaften an den Verband gehen laut Vollmer sogar bis Adolph Kolping zurück. Bis auf wenige Ausnahmen habe der Gesellenvater dem Verband (damals dem Katholischen Gesellenhospitium zu Köln) seinen gesamten Nachlass vermacht. „Das war nicht wenig“, betont der Bundessekretär. „Als Adolph Kolping 1865 starb, soll er zu den vermögendsten Bürgern Kölns gehört haben.“

Einen Rat hat Svenja Thomas aber auch für all jene, die schon zu Lebzeiten die Stiftung finanziell unterstützen möchten. Weil eine Spende innerhalb von zwei Jahren verwendet werden muss, empfiehlt sie, den Betrag zu stiften. „Die Gemeinschaftsstiftung hat dadurch keinen Zeitdruck und für die Person, die einen Betrag stiftet, ist das steuerlich sogar hoch interessant“, erklärt sie. Wer zum Beispiel 1.000 Euro zustifte, könne diese Zuwendung steuerlich auf mehrere Jahre verteilen.

Initiativen und Projekte fördern

Ulrich Vollmer hat die Möglichkeit, an einen der vier inhaltlichen Fonds zu stiften, schon genutzt. Als er seinen 60. Geburtstag feierte, habe er seine Gäste nicht um Geschenke, sondern um eine Zustiftung an den Fonds „Junge Menschen“ gebeten. „Ich wollte, dass der Fonds damit gestärkt wird, um das verbandliche Engagement und damit entsprechende Initiativen und Projekte zukünftig fördern zu können“, erklärt er. Eine weitere Variante, genau das zu tun, sind die sogenannten Einmalbeträge. Anstatt jährlich einen Mitgliedsbeitrag zu zahlen, ist es möglich, sich gegen eine Zustiftung von 1.500 Euro an die Gemeinschaftsstiftung beitragsfrei stellen zu lassen. Ehepaare zahlen einmalig 2.250 Euro. „Meine Frau und ich haben das vor einigen Jahren gemacht“, erzählt der Bundessekretär. „Nun unterstützt die Stiftung dadurch auch meine Kolpingsfamilie vor Ort im Münsterland mit einem jährlichen Zuschuss.“

Die Gründung der Gemeinschaftsstiftung Kolpingwerk Deutschland bezeichnet Vollmer als eine Pionierleistung der Delegierten der Bundesversammlung 2004 in Osnabrück. Das Anliegen der Gemeinschaftsstiftung, zur zukünftigen finanziellen Absicherung des Verbandes beizutragen, sei wichtig und unterstützenswert. Und so könnten bei einem nächsten bundesweiten Event die Verbandsfarben Schwarz und Orange wieder eine Stadt schmücken – die Gemeinschaftsstiftung würde es mit ermöglichen. 

Kontakt Spendenkommunikation

Weitere Informationen zur Nachlassgestaltung, Zustiftungen oder dem Einmalbetrag gibt es bei: 
Svenja Thomas, Spendenkommunikation

Fotos: Barbara Bechtloff/Archiv, Marian Hamacher, privat