Ausgabe 2-2022 : Mai

Immer für den Verband

Seit seiner Jugend hat Ulrich Vollmer ehrenamtlich und hauptamtlich das Kolpingwerk geprägt. Nun wurde er nach 13 Jahren aus dem Amt des Bundessekretärs verabschiedet.

Bundesversammlung 2016: Als Bundessekretär war Vollmer auch Mitglied des Bundesvorstandes.

Man soll mit großen Formulierungen bekanntlich vorsichtig sein. Aber als Ulrich Vollmer Anfang April die Leitung des Bundessekretariats beim Kolpingwerk Deutschland an Alexandra Horster übergeben hat und damit in den Ruhestand getreten war, durfte man schon davon sprechen, dass eine Ära zu Ende gegangen ist. Eine Ära, die nicht erst begonnen hatte, als Vollmer 2008 das Amt des Bundessekretärs übernahm.

„Ein solides Handwerk hat noch niemandem geschadet“, so oder ähnlich mag der Ratschlag von Fine Vollmer lauten, einer resoluten Einzelhändlerin im Münsterland, als ihr Filius sich anschickt, den Beruf des Buchbinders und Restaurators zu erlernen. Dies mag auch erklären, weshalb Vollmer später an keinem Antiquariat einfach nur vorbeigehen kann und die Größe der hauseigenen Bibliothek Dimensionen annimmt, die bei Gattin Monika bisweilen Stirnrunzeln auslöst. 1975 gründet der Buchbindergeselle in seiner Heimatgemeinde Holtwick eine Jungkolping-Gruppe, deren Leitung er auch gleich übernimmt. Vollmer findet Gefallen an der verbandlichen Arbeit. 1977 wird er Diözesanleiter Jungkolping im Diöesanverband (DV) Münster und ab 1980 für zwei Jahre Vorsitzender des Landesarbeitskreises Jungkolping in Nordrhein-Westfalen. Sein inzwischen neuer Arbeitgeber, das Bischöfliche Generalvikariat in Münster, bei dem Vollmer in verschiedenen Funktionen tätig sein wird, begleitet das ehrenamtliche Engagement des jungen Mannes. Das gilt auch, als Vollmer ab 1982 Verantwortung auf Bundesebene übernimmt. Fünf Jahre ist er Zentralleiter Jungkolping im deutschen Verband und gehört auch dem Generalrat des Internationalen Kolpingwerkes an.

Sagt man den Westfalen nach, sie gehörten eher zu den konsequenteren Menschen, ist Ulrich Vollmer ein Beispiel für, wie richtig diese These ist. Eigene Ideen, eigener Kopf, klare Ansage. Damit macht sich auch Vollmer nicht nur Freunde. Ungeachtet dessen bestreitet kaum jemand seine Fähigkeiten. 1992 übernimmt Ulrich Vollmer den Vorsitz im DV Münster, den er bis 2001 innehat. Mit Diözesansekretär Karl Schiewerling bildet er ein Duo wie Karl Schiller und Franz-Josef Strauß in der ersten GroKo – nicht immer einer Meinung, aber stets auf einem gemeinsamen Weg.

Ulrich Vollmer

Im ähnlichen Alter unternehmen Schiewerling und Vollmer ihre ersten politischen Gehversuche. Schiewerling zieht 1989 erstmals in den Gemeinderat von Nottuln ein, Vollmer, der seit 1997 an der Spitze des CDU-Ortsverbands in Holtwick steht, wird dort 1999 in den Rat gewählt, wo er sich in den nächsten Jahren schwerpunktmäßig um Sozial- und Jugendpolitik kümmert. Beiden ist auch das Engagement in der Sozialen Selbstverwaltung gemeinsam. Schiewerling gehört ab 1986 der Vertreterversammlung der Deutschen Rentenversicherung Westfalen an, Ulrich Vollmer arbeitet ab 1986 als Vorstandsmitglied der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft Hamburg. Während es Schiewerling später auf die bundespolitischen Ebene zieht, intensiviert Ulrich Vollmer seine verbandlichen Aktivitäten und kandidiert 1996 mit Erfolg für den Bundesvorstand des Kolpingwerkes Deutschland.

Dort wird dem Neuling im Gremium, der jedoch in Kolpingkreisen längst einen Namen hat, gleich eine besondere Aufgabe zuteil. Das Paderborner Programm von 1976 soll nicht einfach fortgeschrieben werden, es soll etwas Neues entstehen: das Leitbild des Kolpingwerkes. 1996 als Auftrag in Vechta beschlossen, soll es bis Dresden 2000 fertig sein. In vier Jahren sollen nicht nur alle Kolpingsfamilien, sondern auch alle Mitglieder zur Mitwirkung eingeladen sein. Ulrich Vollmer hat als Vorsitzender der Leitbild-Kommission diesen Prozess zu steuern: Heiße Auseinandersetzungen vor und hinter den Kulissen,  durchdiskutierte Nächte, gut 3.000 Eingaben von der Basis, die ohne die EDV-Kenntnisse von Bernhard Mittermaier nicht zu bewältigen sind. Am Ende steht in Dresden bei der Bundesversammlung ein einstimmiges Votum bei einer Enthaltung, was nicht zuletzt der verbindlichen wie integrativen Arbeit Ulrich Vollmers geschuldet ist.

Zu den Kölner Gesprächen im Jahr 2013 begrüßte Ulrich Vollmer den damaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck als Festredner.

2004 bekommt das Kolpingwerk Deutschland in Osnabrück eine komplett neue Verbandsspitze. Neben der Nachfolge Heinz Schemkens sind auch die beiden Stellvertreterposten neu zu besetzen: Gewählt werden Barbara Breher und Ulrich Vollmer. Es folgen vier Jahre, in denen eine ganze Reihe von Neuerungen auf die Ideen Vollmers zurückgehen. Nichts ist zu Beginn ganz unumstritten, aber alles erweist sich letztlich als zielführend. Zum Beispiel die Veränderung des Kolpingblattes zum Kolpingmagazin und die Überarbeitung des Verhältnisses des Verbandes zu seinen Einrichtungen und Unternehmen. Dies wird bei der Bundesversammlung in Essen intensiv debattiert und mündet in der Verabschiedung eines Organisationsstatuts. Die Neuorganisation des Bundessekretariates, wo nun neben dem Bundessekretär der Leiter Finanzen und Verwaltung an die Stelle des Bundesgeschäftsführers tritt, endet bei der stärkeren personellen und strukturellen Unterscheidbarkeit zwischen dem deutschen Nationalverband und Kolping International.

Als der 2007 neugewählte Bundessekretär Bernhard Hennecke nach nur 13-monatiger Amtszeit verstirbt, laufen die Dinge eigentlich fast automatisch auf Ulrich Vollmer zu. Aber: Mit 51 nochmals etwas Neues beginnen? Umzug nach Köln? Vom Ehrenamt ins Hauptamt? Aus der gesicherten Position in der Münsteraner Bistumsverwaltung ins Wahlamt? Monika und Ulrich Vollmer, die zwei Jahre zuvor die Silberne Hochzeit feiern, überlegen gründlich. Schließlich kommt die Zusage, und der Bundesvorstand beruft Vollmer zum Bundessekretär. Der Umzug der Verbandszentrale in die St.Apern-Straße ist äußeres Zeichen für den Ansatz Vollmers, das Bundessekretariat zum Servicecenter für Mitglieder und Kolpingsfamilien auszubauen. Die letzten Projekte, die der Bundessekretär vorantreibt, wird nun seine Nachfolgerin zu Ende  führen. Das gilt für die Fortschreibung des bisherigen Leitbildes ebenso wie für die noch junge Kolping-Hochschule in Köln. 

Gruppenfoto zu Ulrich Vollmers 60. Geburtstag, mit Ehefrau Monika Vollmer, dem Leiter Finanzen und Verwaltung Guido Mensger (l.), dem damaligen Bundespräses Josef Holtkotte (2.v.l.) und dem damaligen Bundesvorsitzenden Thomas Dörflinger (r.).

Droht nun angesichts des Ruhestands die Langeweile? Wohl kaum. Monika Vollmer hat zunächst einmal für beide ein paar Urlaubstage eingeplant, um Abstand zu gewinnen. Dann steht der Umzug zurück ins Münsterland an. Da Ulrich Vollmer sich schon lange mit der heimischen Regionalgeschichte auseinandersetzt, wartet hier wohl noch ein breites Betätigungsfeld. Im Übrigen: Da kaum jemand über das Kolpingwerk und seine diversen Aktivitäten in den letzten Jahrzehnten so gut Bescheid weiß wie Ulrich Vollmer, dürften Anfragen unter dem Stichwort „Fragen wir mal bei Vollmer“ vermutlich nicht lange auf sich warten lassen. In diesem Sinne: Alles Gute im Un-Ruhestand, Gesundheit und Gottes Segen auf dem weiteren Lebensweg und ein Vergelt’s Gott für das, was Ulrich Vollmer für das Kolpingwerk geleistet hat.