Ausgabe 4-2023 : November

Rechtsruck

Jetzt sind klare Abgrenzung und Überzeugungsarbeit geboten!

Wenn sich die ZdK-Präsidentin Irme Stetter-Karp und der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck herausgefordert fühlen, auf lauter und schriller werdende rechtsextreme Töne in der katholischen Kirche hinzuweisen, dann ist das ein Warnzeichen. Denn dass restaurative Kräfte in der Kirche sich dem gesellschaftlichen Wandel verschließen, Ängste schüren, demokratische Strukturen ablehnen und anfällig für Verschwörungsmythen sind, das ist ja nichts Neues. Der Rechtsruck hat eine neue Qualität.

Die katholische Kirche spiegelt in dieser Hinsicht die Gesellschaft wider. Und beim Kolpingwerk Deutschland haben zumindest in der Vergangenheit klare Positionierung gegen rechts heftige Proteste einzelner Mitglieder hervorgerufen. Davon sollten wir uns in der gegenwärtigen Situation aber nicht beeindrucken lassen. Im Gegenteil: Es gilt, die Auseinandersetzung zu führen und unsere freiheitlichen Werte offen zu vertreten – in der Gesellschaft, in der Kirche und auch in unserem Verband.

Denn wir wissen aus unserer Geschichte, dass in Krisenzeiten – wie wir sie gerade erleben – extremistische und populistische Kräfte Zulauf erhalten. Die Landtagswahlen in Bayern und Hessen haben gezeigt, dass rechtspopulistische Kräfte im Westen auf dem Vormarsch sind. Und die bevorstehenden Landtagswahlen im Osten lassen befürchten, dass es für die demokratischen Parteien schwer werden wird, eine Mehrheit für die Regierungsbilung zu finden.

"Es gilt, die Auseinandersetzung zu führen und unsere freiheitlichen Werte offen zu vertreten – in der Gesellschaft, in der Kirche und auch in unserem Verband."
Christoph Nösser

Umso wichtiger ist es, die Menschen davon zu überzeugen, dass sie aus Unzufriedenheit mit politischen Entscheidungen nicht auch das grundsätzliche Bekenntnis zu unserer freiheitlichen, demokratischen und rechtsstaatlichen Grundordnung aufgeben. Und dass sie durch ihr Verhalten deutlich machen, dass für sie die Würde und Unverletzlichkeit jedes Menschen unverhandelbar ist. Diese Überzeugungsarbeit ist dort zu leisten, wo sie erforderlich ist – auch und gerade im kirchlichen Bereich. Etwa in den Diskussionen um Familienbild und Schwangerschaftsabbruch, bei denen rechtspopulistische Kreise den Anschluss an kirchliche Positionen suchen. Hier ist die Kirche aufgerufen, sich den Themen in der gebotenen Sensibilität zu nähern und in aller Deutlichkeit von rechtsextremen Positionen abzugrenzen.

Die Abgrenzung nach rechts kann aber nur dann glaubwürdig gelingen, wenn Mitgliedern und Sympathisanten der AfD der Zugang zu Ämtern in der Kirche verwehrt wird, so wie das die ZdK-Präsidentin gefordert hat. Und das mit gutem Grund. Denn rassistisches und menschenfeindliches Gedankengut ist mit dem christlichen Glauben unvereinbar. Auch bei KOLPING muss klar sein: Nur diejenigen Menschen sind willkommen, die unser Leitbild bejahen. Und das fordert: "Jegliche Formen von politischen oder religiösen Extremismen haben in unserer Mitte keinen Platz."

christoph.noesser(at)kolping.de


Bild: Peter Weidemann/Pfarrbriefservice.de

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