Bis heute steht eine solche Umsetzung aus. Im Koalitionsvertrag haben die Regierungsparteien klar formuliert, dass sie „Kinderrechte im Grundgesetz ausdrücklich verankern“ werden. Deutschland habe die Kinderrechtskonvention bereits ratifiziert, lautet das Standardargument gegen eine explizite Aufnahme ins Grundgesetz. Das stimmt zwar, allerdings hat die UN-Konvention nur den Rang eines einfachen Gesetzes und keinen Verfassungsrang. Wer meint, dies sei nur eine juristische Feinheit, der irrt. Selbstverständlich sind Kinder auch jetzt schon Träger von Rechten. Und natürlich kann man anführen, dass die Rechte von Kindern in Deutschland bereits gut geschützt sind. Aber Kinder sind eben keine kleinen Erwachsenen, sondern bedürfen besonderen Schutz. In Deutschland gibt es nach wie vor Kinderarmut und der ökonomische Status der Eltern bestimmt noch immer die Bildungschancen von Kindern. Mit der Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz würde der Staat stärker in die Pflicht genommen, kindgerechte Lebensverhältnisse zu schaffen.
Die Sorge, mit einem Kindergrundrecht würde das wohl austarierte Verhältnis zwischen Kind, Eltern und Staat verschoben werden, teile ich nicht. Grundrechte sind im Allgemeinen Abwehrrechte gegen den Staat. Mit der Stärkung der Interessen der Kinder würden zugleich auch Elternrechte gestärkt.
Kinder haben Rechte, daran zweifelt heute niemand mehr. Aber bei Entscheidungen in Politik, Verwaltung und Rechtsprechung in Deutschland spielen die Interessen von Kindern und Jugendlichen oft noch immer eine Nebenrolle. Kinder müssen beteiligt werden und mitsprechen können bei politischen Entscheidungen, die sie betreffen.
Ich halte die Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz deshalb für den richtigen Schritt. Die Debatte um die konkrete Ausgestaltung darf dabei jedoch nicht von politischen Wahlversprechen und einer bald auslaufenden Legislaturperiode gekapert werden. Eine Änderung unseres Grundgesetzes bedarf einer transparenten und gründlichen Prüfung, der auch Diskussionen über ein Für oder ein Wider vorangehen sollten. Denn es darf nicht gut gemeint ein Schaden angerichtet werden, der später nur schwer zu korrigieren ist. Das ist keine leichte Aufgabe.
Bild: InstagramFOTOGRAFIN/Pixabay
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