Ausgabe 4-2020 : November

In Verantwortung für das Leben

Das Kolpingwerk Deutschland hat sich in der Vergangenheit wiederholt gegen eine organisierte und geschäftsmäßige Selbsttötung ausgesprochen. Die Thematik ist aktueller denn je.

Denn jüngst haben die Richter am Bundesverfassungsgericht die Verfassungswidrigkeit des Paragrafen 217 StGB – das Verbot sogenannter geschäftsmäßiger Förderung der Selbsttötung – festgestellt. Den Richtern zufolge umfasst das allgemeine Persönlichkeitsrecht auch das Recht auf ein selbstbestimmtes Sterben.

Ich möchte an dieser Stelle eines hervorheben: Wichtig ist, dass die aktive Sterbehilfe – die Tötung auf Verlangen – weiterhin verboten ist. In vielen Debatten ist allerdings eine Tendenz erkennbar, alles Menschenmögliche zu erlauben und damit auch das menschliche Leben zum verfügbaren Gut zu machen. Ich teile diese Auffassung nicht und sehe hier zudem die Gefahr eines gesellschaftlichen Dammbruchs. 

Richtschnur für die Bewertung des Urteils ist für mich mein christlicher Glaube: Als Christen leben wir in der Gewissheit, dass Gott den Menschen nach seinem Bild geschaffen hat und ihn in allen Lebensphasen bejaht. Für mich als Christ habe ich mein Leben und damit auch das Ende meines Lebens vor Gott zu verantworten. Deshalb sollte somit nicht eine organisierte Suizid-Beihilfe an erster Stelle stehen. Vielmehr sollte es meiner Meinung nach darum gehen, Menschen ein Sterben in Würde zu ermöglichen. 

In ihrer Urteilsbegründung haben die Richter des Bundesverfassungsgerichtes darauf verwiesen, Möglichkeiten der Suizid-Prävention auszubauen. Dafür müssen Strukturen geschaffen und weiter ausgebaut werden, zu denen auch das gute Wirken von Hospizen sowie der Palliativversorgung zählen. 


Foto: Samuel Ramos/Unsplash

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1 Kommentare

  • Julian
    am 17.08.2022
    Bei meiner Oma (über 90) sehe ich, wie sie nach jedem weiteren ihrer Schlaganfälle von den Ärzten so weit wieder aufgepäppelt und „wiederhergestellt“ wird, daß sie vom Krankenhaus ein ums andere Mal „zurück ins Altersheim kann“. Sie wartet seit bald 20 Jahren darauf, endlich vom Tod abgeholt zu werden und „zum Herrgott zu gehen“, wie sie es genannt hat. So kann sie es allerdings schon länger nicht mehr benennen, denn man merkt im Gespräch mit ihr und an ihren Reaktionen, daß sie in einem (weit) fortgeschrittenen Stadium dement ist und nur noch ein Schatten ihrer selbst ist – körperlich wie geistig. Ihr jetziger Lebensabschnitt ist nicht mehr würdevoll.

    Zudem wollte sie nie eine Last sein und auch nie jemandem zur Last fallen, kann jedoch aufgrund der Gesetzeslage auch mithilfe ihrer Familie – meinem zugehörigen Elternteil und dessen Geschwistern – nicht gehen; sie muß weiter warten, was den Tod meines Jahrzehnte jünger gestorbenen anderen Elternteils für dessen Hinterbliebenen nur umso schmerzhafter macht. Mein verstorbener Elternteil hat mitten im Leben und ganz unvermittelt gehen müssen und keiner von uns war darauf vorbereitet; dem gegenüber steht meine Oma, die seit Jahrzehnten den Lebensmut verloren hat und einfach nur gehen will, aber nicht kann, weil „die Ärzte“ sie am Leben erhalten müssen – „Leben“ zumindest nach biologischen Kriterien.

    Für mich gehört zu einem Leben in Würde immer auch ein würdevoller Tod; nicht eine Lebensverlängerung oder -erhaltung um jeden Preis oder mit jeder Möglichkeit.
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