Ausgabe 3-2021 : Juli

Wiederverwertung hilft!

Im Kongo werden Menschen gezwungen, Rohstoffe für unsere Handys und Smartphones aus dem Boden zu holen. Sie erleiden oft unvorstellbare Gewalt. Kolping und missio machen seit drei Jahren im Rahmen ihrer Handyaktion darauf aufmerksam.

Bei der Handyspendenaktion hat die Wiederverwertung gebrauchter Handys Vorrang. So wird auch der Bedarf an wertvollen Rohstoffen verringert.

Das Smartphone, das vor zwei Jahren noch top­aktuell war, ist heute schon veraltet. Im Schnitt kaufen sich Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland alle zweieinhalb Jahre ein neues Gerät, bei jungen Menschen ist die Nutzungsdauer deutlich kürzer. Doch von ihren Altgeräten trennen sie sich nur ungern. Nach einer Studie des Digitalverbandes Bitkom bewahren die Bundesbürgerinnen und -bürger derzeit zu Hause rund 206 Millionen Handys und Smartphones auf, mit steigender Tendenz.

Im Jahr 2015 waren es rund 100 Millionen Altgeräte. „Die Zahl der Althandys in deutschen Haushalten ist in den vergangenen Jahren massiv gewachsen. Im Sinne einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft ist es jedoch wichtig, dass auf Dauer ungenutzte Geräte möglichst bald wiederverwendet oder fachgerecht verwertet werden“, sagt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder. Für die Handy-Produktion werden viele wertvolle Rohstoffe benötigt, etwa Metalle wie Eisen, Kupfer, Aluminium, Nickel und Zink, oder Tantal, Coltan und Gold.

Ressourcen schonen

Der Abbau dieser Rohstoffe geht oft mit großen Schäden an Umwelt und Natur einher. Allein für die Gewinnung von einem Gramm Gold müssen in den Goldminen 1.000 Kilogramm Golderz geschürft und anschließend verarbeitet werden. Mit der Wiederverwertung (Reparatur und Verkauf) gebrauchter Geräte bzw. dem Recycling (Rückführung der Wertstoffe in die Produktion) lassen sich Rohstoffe sparen und die Umwelt wird geschont. Einige sogenannte Metalle der Seltenen Erden sind für die Handyproduktion unverzichtbar. Sie können aber zurzeit noch nicht sortenrein aus Altgeräten zurückgewonnen werden. Deshalb dient hier die Wiederverwertung in besonderem Maße der Ressourcenschonung.

Darüber hinaus ist der Abbau verschiedener Rohstoffe oft mit schlimmsten Menschenrechtsverletzungen verbunden. Seit den frühen 90er-Jahren tobt im Kongo ein brutaler und sehr komplexer Bürgerkrieg. Rebellen haben hier viele Rohstoffminen unter ihrer Kontrolle, sie beuten Arbeiterinnen und Arbeiter – auch viele Kinder – aus, misshandeln und vergewaltigen sie. Erlöse aus dem Rohstoffhandel werden zum Kauf von Waffen verwendet. Darauf machen die katholischen Hilfswerke missio Aachen und missio München seit mehreren Jahren aufmerksam.

missio hat vor einigen Jahren eine Handyspendenaktion gestartet. Seit drei Jahren beteiligt sich das Kolpingwerk Deutschland daran. Und zahlreiche Kolpingsfamilien und Kolpingmitglieder unterstützen die Aktion seitdem mit großem Engagement. Innerhalb von drei Jahren haben sie schon fast 60.000 gebrauchte Handys und Smartphones gespendet. Selbst die Pandemie hatte keine negativen Auswirkungen auf die Sammelleidenschaft.

Ein Beispiel von vielen: Eine Pressemeldung der Kolpingsfamilie Bad Lippspringe über ihre Handyspendenaktion wurde in mehreren regionalen Tageszeitungen veröffentlicht. In kurzer Zeit folgten viele Menschen ihrem Aufruf und spendeten 437 Althandys.

Die Kolpingsfamilie Kaufbeuren betreibt eine eigene Website für die Handyaktion. Sie hat fast 60 Annahmestellen eingerichtet und bereits über 6.200 Handys angenommen. Doch egal wie viele Handys eine Kolpingsfamilie zusammenbekommt, meistens verbindet sie ihre Aktion damit, dass sie auch über die mit der Rohstoffgewinnung verbundenen Menschenrechtsverletzungen informiert.

60.000 Handys haben Kolpingmitglieder bereits gespendet. Sie werden vom Kooperationspartner missio an Mobile Box in Köln weitergeleitet. Dort werden Die Handys geprüft und nach Möglichkeit für eine Wiederverwertung aufbereitet.
Erste Sichtung und Sortierung in A: Handys für eine mögliche Wiederverwertung bzw. B: Handys, die nicht mehr für eine Aufbereitung geeignet sind und deshalb dem Recycling (Wertstoffgewinnung) zugeführt werden.
Eingabe der erfassten Handys ins System.
Jedes Handy wird individuell erfasst und ist damit an jeder der folgenden Stationen zu erkennen.
Alle Handymodelle werden sortiert.
Aufladen der Handys, die die erste Prüfung überstanden haben.
Lösen der Schrauben – zur Vorbereitung auf die anschließende Reparatur.
Defekte Displays werden ausgetauscht.
Ausbau und Austausch von defekten Bauteilen.
Vor dem Verkauf werden die Handys sorgfältig und gründlich gereinigt.
Die Aufbereiteten Handys werden für den Verkauf verpackt.
Einstellung der Handys in die verschiedenen Online-Shops.
Lager mit den für den Verkauf vorbereiteten Handys.

Mit seinem Anteil am Erlös aus der Handyspendenaktion unterstützt Kolping die Bewusstseinsbildung für die Bekämpfung von Fluchtursachen. Zurzeit erstellen Kolping und missio Unterrichtsmaterialien für Schulen. Damit soll Kindern und Jugendlichen die Verbindung von unserem Lebensstil mit Fluchtursachen verdeutlicht werden, zum Beispiel der Zusammenhang zwischen den in Smartphones verbauten Rohstoffen und der Gewalt im Kongo. missio unterstützt mit seinem Anteil Partnerinnen und Partner, die Menschen dabei helfen, sich aus ausbeuterischen Lebensbedingungen zu befreien.

Bis zu 120.000 Altgeräte pro Jahr

Die von Kolping gespendeten Althandys leitet missio weiter an die Kölner Firma Mobile Box. Vor neun Jahren haben die beiden Jungunternehmer Eric Tillmann (29) und Till von Pidoll (30) mit der Aufbereitung gebrauchter Handys begonnen. Mittlerweile nehmen sie pro Jahr bis zu 120.000 Altgeräte an. Das ehemalige Startup beschäftigt inzwischen 26 Mitarbeitende, davon zurzeit acht Mitarbeitende der Gemeinnützigen Werkstätten Köln.

Nach den Angaben von Mobile Box enthält ein Handy im Schnitt 8,25g Kupfer, 0,17g Silber und 0,025g Gold. Mit den 60.000 von Kolping gespendeten Handys werden also 495 kg Kupfer, 10 kg Silber und 1,50 kg Gold wieder in den Wertstoffkreislauf zurückgeführt.

Eric Tillmann (l.) und Till von Pidoll (r.), die beiden Geschäftsführer von Mobile Box, wollen so viele Althandys wie möglich einer Wiederverwendung zuführen.

Bis zu zehn Prozent aller gesammelten Handys gehen wieder in den Verkauf. Alles, was nicht mehr zu reparieren ist, wird dem Recycling zugeführt, um die Wertstoffe zurückzugewinnen.

Grundsätzlich hat die Wiederverwendung für die beiden Jungunternehmer Vorrang vor dem Recycling. Deshalb prüft Mobile Box in einem mehrstufigen Verfahren jedes Handy sehr genau. Alle auf den Geräten befindlichen Daten der Vorbesitzer werden verlässlich gelöscht. Danach reparieren die Mitarbeitenden defekte Handys und tauschen Teile aus.

Dabei verwenden sie auch Ersatzteile, wie Displays und Gehäuseteile, die sie zuvor aus nicht mehr verwertbaren Geräten ausgebaut haben. Zwei Mitarbeitende kümmern sich um die gründliche Reinigung der Geräte. „Hier sind die Ansprüche der Kunden, die die aufbereiteten Geräte kaufen, sehr hoch“, sagt Eric Tillmannn.

Die aufbereiteten und geprüften Handys und Smartphones verkauft Mobile Box im eigenen Online-Shop www.futurephones-shop.de oder bei eBay und Amazon. Auch andere Online-Shops bieten generalüberholte Handys an. Es muss nicht immer das neueste Smartphone sein.

Fotos: Barbara Bechtloff

Handyspendenaktion Material

Wichtige Infos

  • Kolpingsfamilien aus Bayern und dem Diözesanverband Speyer bestellen die Aktionspakete (Plakate, Spendenboxen, Spendentüten) für die Durchführung ihrer Handyspendenaktion bei missio München, Tel. (089) 5162620 oder per E-Mail: info(at)missio-shop.de
  • Kolpingsfamilien aus allen anderen Diözesanverbänden bestellen ihr Aktionsmaterial bei missio Aachen Tel. (0241) 7507-490 oder per E-Mail: bestellungen(at)missio-hilft.de
  • Bitte erwähnt bei der Materialbestellung den Namen der Kolpingsfamilie, dann erhaltet Ihr das extra für Kolping produzierte Material. Nur wenn Ihr dieses Material verwendet, können Eure Handys für Kolping gezählt werden, und das Kolpingwerk Deutschland erhält seinen Anteil am Erlös.
  • Alle Infos zur Handyaktion unter www.kolping.de/handyaktion

Ansprechpartnerin im Bundessekretariat