Ausgabe 1-2023 : Februar

Die Kraft der Hoffnung

Mit der Angst kann man es zu tun bekommen, wenn man auf die zunehmende Verrohung in der Gesellschaft, auf die Klimakrise und auf den Krieg nicht nur in der Ukraine schaut. Wie ist es möglich, mit einer gläubigen Haltung all dem zu begegnen?

"Begegne dem, was auf dich zukommt, nicht mit Angst, sondern mit Hoffnung", hat Franz von Sales (1567-1622) gesagt. In allen religiösen und philosophischen Ausrichtungen spielt die Hoffnung eine wichtige Rolle, weil sie den Menschen auszeichnet, der  nicht aufgibt, sondern immer wieder anfängt, auch wenn alles dagegen zu sprechen scheint, weil er ein großes Ziel, eine motivierende Vision im Blick und im Herzen hat. Es geht um nicht mehr und nicht weniger als das Leben.

"Wir rühmen uns ebenso der Bedrängnisse; denn wir wissen: Bedrängnis bewirkt Geduld, Geduld aber Bewährung, Bewährung Hoffnung. Die Hoffnung aber lässt nicht zugrunde gehen; denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist." (Röm 5,4) 

Die Hoffnung teilen

Nicht ein ängstliches "da ist sowieso nichts (mehr) zu machen", sondern Hoffnung bietet sich als Haltung an. Dabei muss es um mehr gehen als um ein plattes "Alles wird gut!" Hier hilft der Blick auf das Reich Gottes, das mit Jesus von Nazareth unter uns angebrochen ist. Es wird mehr und mehr darauf ankommen, in kritischer Zeitgenossenschaft Hoffnung zu teilen.

Der kürzlich verstorbene Papst Benedikt XVI. schreibt 2007: "Gott ist das Fundament der Hoffnung – nicht irgendein Gott, sondern der Gott, der ein menschliches Angesicht hat und der uns geliebt hat bis ans Ende: jeden Einzelnen und die Menschheit als Ganze. Sein Reich ist kein imaginäres Jenseits einer nie herbeikommenden Zukunft; sein Reich ist da, wo er geliebt wird und wo seine Liebe bei uns ankommt…. Und seine Liebe ist uns zugleich Gewähr dafür, dass es das gibt, was wir nur dunkel ahnen und doch im Tiefsten erwarten: das Leben, das ›wirklich‹ Leben ist." (Spe Salvi 31)

Sprengkraft gelebter Hoffnung

Vor gut fünfzig Jahren hat die Synode der Bistümer Deutschlands in Würzburg (1971-1975) einen Beschluss mit dem Titel Unsere Hoffnung verabschiedet, der seinerzeit viel beachtet wurde, inzwischen aber höchstens noch den Theolog*innen bekannt ist. Die Kirche, so heißt es da, "darf nicht nur von einzelnen innerkirchlichen Reformen sprechen, wenn ihr tagtäglich der Verdacht entgegenschlägt, dass das Christentum nur noch mit verbrauchten Worten und Formen den Fragen und Ängsten, den Konflikten und Hoffnungen in unserer Lebenswelt, der mühsam verdeckten Sinnlosigkeit unseres sterblichen Lebens und unserer öffentlichen und individuellen Leidensgeschichten antworte. … 'Die Welt' braucht keine Verdoppelung ihrer Hoffnungslosigkeit durch Religion; sie braucht und sucht (wenn überhaupt) das Gegengewicht, die Sprengkraft gelebter Hoffnung. Und was wir ihr schulden, ist dies: das Defizit an anschaulich gelebter Hoffnung auszugleichen."

Diese Worte haben einen prophetischen Klang. Hoffnung wird in Beziehungen und in konkreten Taten der (Nächsten-)Liebe lebendig bezeugt. So können neue Perspektiven entstehen.

Hans-Joachim Wahl
Bundespräses


Kolpingwerk Deutschland
50606 Köln
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Fotos: Sunnybeach/iStockphoto; Marian Hamacher