Ausgabe 2-2023 : Mai

Die erste Etappe ist geschafft

Der Reformprozess hat vieles angestoßen, erste Erfolge sind erkennbar. Die meisten Themen bedürfen aber einer Weiterbehandlung in den Diözesen, durch den Synodalen Ausschuss oder auf Ebene der Weltkirche. Das Kolpingmagazin hat Teilnehmende aus den Reihen des Verbandes gefragt, wie sie den aktuellen Stand beurteilen.

Synodalität muss der Weg der katholischen Kirche sein

Josef Holtkotte, früherer Bundespräses, seit 2021 Weihbischof im Erzbistum Paderborn, verfasste die Stellungnahme gemeinsam mit Diözesanadministrator Msgr. Dr. Michael Bredeck und seinen beiden Amtskollegen.

(…) Auch wenn der Synodale Weg nach mehr als drei Jahren endet, geht der Weg weiter und wird in anderer Weise fortgeführt. Der Abschluss ist also eher ein neuer Anfang. Über die gesamte Wegstrecke haben wir nicht vergessen, dass der Anlass das Erschrecken über die Ergebnisse der Missbrauchs-Studie (MHG-Studie) und die Frage nach den systemischen Ursachen des sexuellen Missbrauchs war. 

(…) Der gemeinsame bisherige Weg ist in unseren Augen richtig und aller Mühen wert. Wichtige Handlungstexte, die sich mit den genannten Themen befassen, wurden mit großer Mehrheit beschlossen. Das ist (…) ein enormer Schritt. Der Prozess hat uns gezeigt, dass Synodalität der Weg der katholischen Kirche sein muss. 

Dabei kommt es wesentlich auf einen neuen Stil des Aufeinanderhörens und des Respekts vor der Meinung der Anderen an. Wir selber haben gespürt, dass uns diese Haltung weiterhin fordert. Wir fühlen uns Papst Franziskus verbunden, wenn er sagt, dass die Kirche Jesu Christi nur eine synodale Kirche sein könne. (…)

Wir wissen, dass es jetzt darauf ankommt, die vorliegenden Ergebnisse des Synodalen Weges mitzutragen, ernst zu nehmen und die nun gemachten Erfolge nicht klein zu reden. (…)

Der Synodale Weg war für uns eine ermutigende Erfahrung, auch wenn er viel Kraft gekostet hat. Die Herausforderung der Einheit in Vielfalt bleibt als Spannungsfeld natürlich bestehen. Wir wollen uns dafür einsetzen und dazu motivieren, die Gräben verschiedener "Lager" zu überwinden, die Einheit zu wahren und das gemeinsame Fundament zu betonen: Jesus Christus. Auf diese Weise kann der Synodale Weg auch ein geistlicher Weg bleiben. (…)

Entschiedene Christen für eine menschenfreundliche Kirche

Rosalia Walter ist Geistliche Leiterin des Kolpingwerkes Deutschland und vertrat den Sozialverband beim Synodalen Weg.

Papst Franziskus sagt: "Wir erleben nicht eine Ära des Wandels, sondern einen Wandel der Ära." Ich hatte die Erwartung, dass der Synodale Weg diesen Wandel entscheidend beeinflussen und mitgestalten wird. Diese Erwartung wurde insofern erfüllt, dass bei der fünften Synodalversammlung eine deutliche Veränderung im Miteinander der Teilnehmer zu erleben war. Die Kluft zwischen Laien und Klerikern war nicht mehr spürbar. Dies empfinde ich als Aufbruch im Wandel der Ära. 

Die Kirche in Deutschland verhält sich nach meiner Ansicht jedoch immer noch so, als ob wir nur in einer "Ära des Wandels" leben, denn es wird immer noch einer "Kirche von oben" eine "Kirche von unten" gegenübergestellt. Christsein ist geprägt vom Blick nach "oben", jeweils auf die nächsthöhere Instanz. Der Synodale Weg wurde gemeinsam getragen von ZdK und DBK. Dadurch wurde von "oben" begonnen, diese Gegenüberstellung aufzubrechen. Wir stehen also am Beginn des Wandels.

Wenn die Auseinandersetzung mit den Themen und Fragen des synodalen Weges auch an der Basis, also "unten" geschieht, kann sie in jeder Gemeinschaft und bei jedem persönlich einen Bewusstseinswandel bewirken. Durch diese Auseinandersetzung wird den Gläubigen bewusst, dass Christsein nicht darin bzw. nicht mehr darin besteht, bestimmte Dinge zu tun oder zu unterlassen. Es geht darum, die je eigene Berufung zu erkennen.

Meine Hoffnung für die Zukunft der Kirche liegt in den Getauften und Gefirmten, die nicht bzw. nicht mehr auf die Erlaubnis von "oben" warten, sondern bewusste Entscheidungen treffen und handeln, mit und ohne Weihe. Mit diesen entschiedenen Christen wird es in Zukunft eine menschenfreundliche Kirche geben, in der die Menschen die frohe Botschaft finden können.

Gemeinsames Verständnis von Leitung und Verantwortung nötig

Dirk Tänzler ist Einzelmitglied im Kolping Diözesanverband Essen und nahm am Synodalen Weg als Delegierter des Diözesanrates der katholischen Frauen und Männer im Bistum Essen teil.

Meine Erwartungen an den Synodalen Weg waren dadurch geprägt, dass die DBK das ZdK gebeten hat, diesen Weg gemeinsam zu beschreiten. Anders, als einige Kreise den Eindruck vermitteln wollen, haben die Bischöfe gesagt, wir kommen so nicht weiter. Wir brauchen einen neuen Aufbruch. Das war ein großes starkes Signal. Damit verband ich die Hoffnung, die Bischöfe hätten (in Gänze) erkannt, dass der Skandal der sexualisierten Gewalt an Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen strukturelle Ursachen habe und somit auch strukturelle Veränderung zur Folge haben müsse. 

Schlussendlich erlebte ich es dennoch (leider) anders. Die Laien haben – in weiten Teilen – in den Foren inhaltlich debattiert, Lösungen formuliert und neue Wege skizziert. Bischöfliche Stimmen waren in der Öffentlichkeit wahrnehmbar, aber leider nur vereinzelt in der Arbeit des Synodalen Wegs. Durch die Satzung hatten die Bischöfe eine faktische "Alleinherrschaft", das Abstimmungsverhalten der Lai*innen war sekundär. So funktioniert der Synodale Weg nicht. Wir müssen zu einem grundlegenden gemeinsamen Verständnis von Leitung und Verantwortung kommen – so wie wir es ja auch in den katholischen Verbänden praktizieren. 

Der Synodale Weg geht weiter – jetzt ist die Zeit der Räte in den Diözesen. Fragt Eure Bischöfe vor Ort, wie sie mit den Beschlüssen des Synodalen Weges umgehen, wann sie zum Beispiel einen Synodalen Rat unter Beteiligung von Lai*innen in ihrer Diözese einsetzen werden, wann sie die Segensfeiern für homosexuelle Paare endlich zulassen werden.

Nutzt diese Chance – auch wenn es mühselig ist!


Fotos: Synodaler Weg/Maximilian von Lachner, Tobias Schulte/Erzbistum Paderborn, Kolpingwerk Deutschland, privat

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