Ausgabe 1-2023 : Februar

Bist Du schon fit für die Wahl?

In wenigen Monaten finden in Deutschland die nächsten Sozialwahlen statt. Die Vorbereitungen hierzu laufen auf Hochtouren. Aber was genau sind nochmal die Sozialwahlen? Und was wird dort eigentlich entschieden?

Sozialwahlen – kaum einer kennt sie – und das, obwohl sie doch hierzulande auf eine lange Tradition zurückblicken! Schließlich datiert das mit den Wahlen einhergehende Prinzip der Selbstverwaltung des deutschen Sozialversicherungssystems bereits zurück ins beginnende 19. Jahrhundert. Grund genug, sich noch einmal die Fakten in Erinnerung zu rufen – denn der Wahltag rückt näher! 

Über 50 Millionen Bürgerinnen und Bürger sind auch dieses Jahr – und zwar bis zum 31. Mai – wieder aufgerufen, an den Sozialwahlen teilzunehmen. Dabei gibt es eine relevante Neuerung: erstmals kann neben der herkömmlichen Briefwahl jetzt auch großflächig digital abgestimmt werden. Bei der Wahl, die teilweise als Friedenswahl, teilweise als Urwahl durchgeführt wird, werden Vertreter*innen gewählt, die sich in Gremien der gesetzlichen Krankenkassen, der Rentenversicherung und der Berufsgenossenschaften für die Interessen der Versicherten einsetzen. Wir Versicherten entscheiden mit unserer Stimmabgabe über die Zusammensetzung des Parlaments unseres jeweiligen Sozialversicherungsträgers. Die ehrenamtlichen Vertreter*innen der Versichertenparlamente, die bei den Sozialwahlen bestimmt werden, wachen als sogenannte Selbstverwalter*innen darüber, dass bei den einzelnen Sozialversicherungsträgern alles mit rechten Dingen zugeht. Sie kontrollieren nicht nur die Arbeit der Verwaltung, sondern treffen auch relevante Entscheidungen: zum Beispiel, welche Leistungen  die Krankenkassen neben den gesetzlichen vorgeschriebenen Regelleistungen zusätzlich erbringen oder was das Bonusprogramm beinhalten soll. Außerdem wählen die Mitglieder der Versichertenparlamente die Vorstände der Kassen.
 

Friedenswahlen

Bei den nächsten Sozialwahlen besteht die Option, eine Wahlhandlung zu vermeiden. Dies ist immer dann möglich, wenn sich genauso viele Personen auf die einzelnen Sitze in den Versichertenparlamenten bewerben, wie Sitze zu vergeben sind. So eine Wahl ohne Wahlhandlung wird Friedenswahl genannt.

Stehen mehr Kandidatinnen und Kandidaten für eine Gruppe zur Wahl, als es Sitze in der Selbstverwaltung für diese Gruppe gibt, erfolgt zur Verteilung der Sitze eine aktive Wahl – die sogenannte Urwahl. Diese ist frei und geheim. Für die Versicherten bedeutet dies, dass im April einige von ihnen Wahlunterlagen zugeschickt bekommen, andere aufgrund einer Friedenswahl eben nicht. Traditionell finden zum Beispiel für die Vertreterversammlung der Deutschen Rentenversicherung Bund Urwahlen statt. Davon sind deutschlandweit alleine schon mehr als 25 Millionen Versicherte betroffen, die auf jeden Fall ihre Stimme abgeben dürfen.
 

Außerdem wählen die Mitglieder der Versichertenparlamente die Vorstände der Kassen. Die Sozialwahlen, die bundesweit am 31. Mai 2023 stattfinden, sind Listenwahlen und keine Personenwahlen. Das bedeutet: es werden hierzu Vorschlagslisten von der Arbeitnehmer- und der Arbeitgeberseite eingereicht. Beide Gruppen wählen ihre Vertreter*innen. Zur Wahl stellen sich Gewerkschaften und weitere selbständige Arbeitnehmervereinigungen und Arbeitgeberorganisationen und deren Verbände. Aber auch Versicherte, die nicht Mitglied in einer solchen Organisation sind, können auf freien Listen antreten. 

Peter Weiß

Peter Weiß, seit elf Jahren aktives Kolpingmitglied, fungiert aktuell als Bundeswahlbeauftragter für die bevorstehenden Sozialwahlen und wacht über eine faire und erfolgreiche Wahl. Die Neuerungen im Wahlablauf sieht der Politiker als wichtige Chance: "Erstmals können wir bei den Krankenkassen im Rahmen eines Modellversuchs Online-Wahlen durchführen. Gelingt der Versuch, kann damit hoffentlich auch die Wahlbeteiligung gesteigert werden. Und die Rentenversicherung kann aus den Erfahrungen lernen, wenn bei ihr dann bei den darauffolgenden Sozialwahlen auch online gewählt werden kann. Vielleicht wird die Sozialwahl dadurch sogar zum Prototyp für andere Wahlen in Deutschland."
 

"Erstmals können wir bei den Krankenkassen im Rahmen eines Modellversuchs Online-Wahlen durchführen."
Peter Weiß

In der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Arbeitnehmer-Organisationen – kurz ACA – tritt das Kolpingwerk zusammen mit dem Bundesverband Evangelische Arbeitnehmerorganisationen und der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung erneut zur Sozialwahl an. Das gemeinsame Motto: "Mensch. Würde. Selbstbestimmung".

Das konkretere Wahlprogramm der ACA kennt Kathrin Zellner. Sie ist als Ehrenamtliche seit 13 Jahren im Vorstand der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege tätig. Auch bei den diesjährigen Wahlen kämpft sie wieder um einen Sitz im Gremium.

Wahlprogramm, Frauenquote und persönliche Hoffnungen

Im Interview

  • Kathrin
    Zellner

Kolpingmagazin: Was beinhaltet das Wahlprogramm der ACA bei den diesjährigen Wahlen?
Kathrin Zellner: "Die Ziele sind: Menschenwürde und soziale Absicherung, Solidarischer Ausgleich, gesellschaftliche Teilhalbe und starke Selbstverwaltung. Wir sind bestrebt, die christlichen Werte, Solidarität und auch Subsidiarität in Arbeit der sozialen Selbstverwaltung miteinzubringen! Wer es Genauer wissen will, kann unter 'Aca-Bund.de Wahlprogramm' nachlesen."

Was hat es mit der neu eingeführten Frauenquote auf sich?
Kathrin Zellner:
"Frauen bilden mehr als die Hälfte der Versicherten! Wird diese Expertise etwa nicht gebraucht? Wir haben in einigen Sozialversicherungsträgern eine sehr hohe Männerlast. Durch Einführung der Frauenquote soll dies gerechter werden und zukünftig mehr Frauen in die soziale Selbstverwaltung bringen. Wir von Kolping haben bei den Listenaufstellungen versucht hier eine 50/50 Besetzung hinzubekommen."

Was erhoffst Du Dir persönlich von der Wahl?
Kathrin Zellner: "Für mich ist eine der zentralsten Aufgaben, dass Personen, die im Arbeitsleben bei den Unfallversicherungsträgern stehen, ihre Expertise miteinbringen. Bei den Renten- und Krankenkassen soll ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Versicherten und Rentnern bestehen, damit wir in den Gremien gute Arbeit leisten können."

Mit wie vielen ACA-Mitgliedern war die Organisation bisher vertreten?
Kathrin Zellner: "Alleine in den drei Mitgliedsverbänden der ACA sind etwa 200.000 Mitglieder versammelt, die an den Sozialwahlen teilnehmen dürfen. Auf dem Wahlzettel firmieren wir übrigens nicht als ACA, sondern als Kolping / KAB / BVEA. Das macht schon deswegen Sinn, weil die ACA bei weitem nicht so bekannt ist, wie unsere einzelnen Verbände."

Gewinnspiel

Teste dein Wissen rund um die bevorstehenden Sozialwahlen in unserem Quiz! Mitmachen lohnt sich – denn es gibt auch etwas zu gewinnen! Wenn Du den Artikel aufmerksam liest, hast Du gute Chancen, alle Fragen richtig beantworten zu können.

1. Wie oft finden die Sozialwahlen statt?

  • E    Alle 3 Jahre
     
  • F    Alle 5 Jahre
     
  • G    Alle 6 Jahre 

2. Stichtag für die Wahl ist der…

  • D   31. März 2023
     
  • E    31. Mai 2023
     
  • F    31. August 2023

3. Wer darf wählen?

  • H    Jede*r, der Sozialversicherungsbeiträge zahlt und mindestens 16 Jahre alt ist
     
  • I    Nur Mitglieder, die seit mindestens fünf Jahren Beiträge zahlen
     
  • J    Jede*r, der Beiträge zahlt inklusive familienversicherter Student*innen

4. Wie wird abgestimmt?

  •  U    Nur per Briefwahl
     
  • V    Im Wahllokal
     
  • W    Per Briefwahl oder per Onlinewahl

5. Wann fanden die ersten deutschen Sozialwahlen statt?

  • Ä    Vor 110 Jahren
     
  • Ö    Vor 70 Jahren
     
  • Ü    Vor 50 Jahren

6. Wie viele Menschen sind bei der kommenden Abstimmung insgesamt wahlberechtigt?

  • H    Ca. 50 Millionen Wähler*innen
     
  • I      Ca. 30 Millionen Wähler*innen
     
  • J      Ca. 10 Millionen Wähler*innen

7.  Wofür steht das Kürzel der kandidierenden Organisation "ACA"?

  • J    Arbeiterbund der Christen und Agnostiker
     
  • K   Ausschuss mit Christlicher Ausrichtung
     
  • L    Arbeitsgemeinschaft Christlicher Arbeitnehmer-Organisationen

8. Wie nennen sich die in die Sozialparlamente gewählten Vertreter*innen?

  • E    Selbstverwalter*innen
     
  • F    Kassensprecher*innen
     
  • G    Sozialvorstand

9. Wen können die Versicherten bei den Sozialwahlen wählen?

  • M   Einzelne Personen
     
  • N    Organisationen, die dann ihre Kandidaten entsenden
     
  • O    Den Vorstand der jeweiligen Kassen

Lösungswort: 


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1.   2.  3.  4.  5.  6.  7.  8.  9.

 

Schicke uns Dein Lösungswort samt Deiner Postanschrift bis zum 31. März 2023 per E-Mail an mitmachen(at)kolping.de. Unter allen richtigen Einsendungen werden im Losverfahren drei Gewinner*innen ermittelt und in der nächsten Ausgabe des Kolpingmagazins sowie auf www.kolping.de bekannt gegeben. Mit etwas Glück gehört eine der abgebildeten Prämien aus dem Kolpingshop bald Dir! 

Also aufgepasst: Ab dem 11. April 2023 landen die Wahlunterlagen in unseren Briefkästen. Dann liegt es an uns Wählerinnen und Wählern. Bis zum 31. Mai 2023 müssen unsere Briefumschläge den Versicherungsträgern vorliegen. Beim Modellprojekt Online-Wahl ist der späteste Zeitpunkt zur Stimmabgabe der 31. Mai 2023 um 23:59 Uhr.


Fotos: iStockphoto-gpointstudio, Claudia Thoma, Friederike Nehrkorn/Kolping, Barbara Bechtloff, Kathrin Zellner, Sunbeam Photography, Behnam Norouzi, Ryoji Iwata/Unsplash; jette55, Openclipart Vectors, Mohammed Hassan, Arek Socha/Pixabay; ACA