Ausgabe 3-2023 : August

Den Bildungskollaps abwenden!

Wir benötigen eine Bildungsoffensive, die es den Einrichtungen ermöglicht, auf die Arbeits- und Lebenswelt gut vorzubereiten!

Das bundesdeutsche Bildungssystem steht vor großen Herausforderungen. Während Gymnasium und Gesamtschule unter den weiterführenden Schulen klar bevorzugt werden, können Haupt- und Realschulen in viel zu vielen Fällen ihrem Bildungsauftrag nicht mehr nachkommen, den Schüler*innen die Mindestanforderungen für die Arbeitswelt zu vermitteln. Das ist in einem Land mit hohem Fachkräftemangel, der unsere Wettbewerbsfähigkeit zu bedrohen beginnt, nicht hinnehmbar. Wir benötigen eine Bildungsoffensive, die es den Einrichtungen ermöglicht, auf die Arbeits- und Lebenswelt gut vorzubereiten und dabei das Bildungssystem durchlässig erhält. Und zudem Schüler*innen und Lehrer*innen Spaß macht. Das kostet Geld, viel Geld. Aber das sollte uns ein "gutes" Bildungssystem wert sein.

Aus meiner Sicht bedarf es deswegen folgender Maßnahmen:
Vorrangig gilt es, den Lehrer*innenmangel konsequent abzubauen. Um die deutschlandweit aktuell über 13.000 freien Lehrer*innenstellen zu besetzen, brauchen wir – wie die Kultusministerkonferenz in ihren Empfehlungen von März 2023 verdeutlicht hat – einen verbesserten bundeseinheitlichen Seiteneinstieg in den Lehrer*innenberuf, und der Prüfung, ob Lehrer*innen mit nur einem Unterrichtsfach eingestellt werden können. Dies könnte gerade in Mangelfächern für Entlastung sorgen. Ferner ist die Weiterentwicklung von Lehramtsstudiengängen, gerade im Hinblick auf ihren Praxisbezug, extrem wichtig.

Um aber den gewachsenen psychosozialen Problemlagen von Schüler*innen adäquat zu begegnen, bedarf es einer noch stärkeren Kooperation und Wertschätzung zwischen Lehrer*innen und Schulsozialarbeiter*innen mit ihren jeweils eigenen fachlichen Stärken, um Probleme zu erkennen und lösen. Das könnte die Lehrer*innen entlasten.

Aber das Wichtigste: Wir müssen Schule zeitgemäß denken. Schule von heute geht nicht mit der Didaktik von gestern.
Marcel Gabriel-Simon

Schule von heute braucht verstärkte Schülerpartizipation, moderne digitale Ausstattung, lebensweltorientiertes und projekthaftes Lernen. Eine Raumausstattung, die von der Größe und Beschaffenheit her eine angemessene Atmosphäre schafft. Bei aller Wichtigkeit der Wissenskontrolle durch Tests und Klassenarbeiten muss klar sein: Lernstoff und Noten dienen nicht nur einer Selektierung im Rahmen der Schullaufbahn, sondern sollen auf das berufliche und soziale Leben vorbereiten und Rüstzeug für selbstbewusste, selbstreflektierte Erwachsene darstellen. Deswegen darf neben dem formellen Lernen, auch das informelle Lernen nicht unterschätzt werden.

Ich bin mir sicher: Wenn im Zusammenspiel der Erwartungen von Schüler*innen, Lehrer*innen, Eltern und Politik die richtigen "Stellschrauben" bewegt werden und gleichzeitig genügend Geld in das System "Schule" gesteckt wird, kann das Kollabieren abgewendet werden. Dann werden beeindruckende Bildungsbiografien mehr Schüler*innen Bildungsaufstiege ermöglichen!

Marcel.Gabriel-Simon(at)kolping.de


Foto: StockRocket/iStockphoto

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