Ausgabe 2-2024 : Mai

Auseinandergedriftet

Warum das gesellschaftliche Klima rauer wird?!

Die Weltpolitik wie die Debatten in Deutschland sind von einer zunehmenden Polarisierung geprägt. Das Klima wird merklich rauer, das Schwarz-Weiß-Denken größer und einfache Lösungen für große Krisen immer verlockender. Dies ist die Zeit der Biedermänner und Brandstifter, denen auch die von Abstiegsängsten geplagte "Mitte der Gesellschaft" immer öfter auf den Leim geht. Denn in Zeiten der sozialen Netzwerke haben Fake News Hochkonjunktur und eine Überprüfung des Wahrheitsgehaltes fällt oftmals schwer. Doch ist diese Wahrnehmung einer "Spaltung der Gesellschaft" begründet?

In welcher Gesellschaft wollen wir leben?

Eine spannende wissenschaftliche Analyse haben die Soziologen Steffen Mau, Thomas Lux und Linus Westheuser in ihrem Buch "Triggerpunkte" vorgelegt. Sie untersuchen, warum manche Themen wie etwa der Genderstern so starke Abwehrreaktionen in Teilen der Gesellschaft auslösen. Die drei Soziologen nennen als Grund für die Empörungsspiralen durchwegs "Ungleichheitskonflikte", die sie wie folgt skizzieren: Es geht zum einem um Verteilungsfragen, also das Oben und Unten, Innen und Außen (Migration), Wir und Sie (Umgang mit Minderheiten) sowie Heute und Morgen (Klimapolitik). Es geht dabei also nur zum Teil um die sicherlich real existierende materielle Ungleichheit, sondern verkürzt eher um die Fragestellung: "In welcher Gesellschaft wollen wir leben?". Und da werden die denkbaren Vorstellungen immer diverser und radikaler. Denn sie unterliegen nicht mehr dem akademisch geprägten, an den klassischen Parteienstrukturen und wohlfahrtstaatlichen Errungenschaften orientierten Diskurs früherer Zeiten.

Meines Erachtens sollen daher folgende Punkte wieder stärker in den Fokus rücken:

1. Wir müssen versuchen Menschen zu erreichen, die sich entpolitisiert haben und der gesellschaftlichen Entwicklung mit zunehmender Gleichgültigkeit begegnen.

2. Wir müssen in der Politik im Großen (Bundesebene) und im Kleinen (Kommunalpolitik) vorleben, dass es gilt, gute Lösungen jenseits der eigenen Klientel oder "Blase" zu finden und zu verhandeln.

3. Wir müssen Zukunftsthemen wie Bildung, Klimawandel oder soziale Gerechtigkeit jenseits von Wohlstanddenken und Besitzstandswahrung solidarisch und zukunftsorientiert voranbringen – und dabei die Finanzierung mit Augenmaß sowohl für den eigenen Geldbeutel als auch für die Haushalte von Bund, Ländern und Kommunen sicherstellen.

Wenn wir Menschen mit anderen Auffassungen wieder mehr zuhören und ihnen mit mehr Empathie begegnen, dann sollte es gelingen, in den Ungleichheitskonflikten mehr Gerechtigkeit zu üben – zwischen den sozialen Schichten, den Geschlechtern und den Generationen.

marcel.gabriel-simon(at)kolping.de

 

Foto: Alexander Grey/Unsplash

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