Ausgabe 1-2022 : Februar

Im Einsatz zwischen Orangen und Paprika

Bedürftige Menschen mit Lebensmitteln versorgen: Darum kümmern sich unter anderem die Tafeln. Die meisten Helfenden arbeiten dort ehrenamtlich. Sarah ist eine von ihnen.

Jeden Freitag steht Sarah bei der Tafel und sortiert und verteilt Lebensmittel.

"Sarah, kannst du hier hinten bei den Paprika mit anpacken?“, tönt es aus dem weißen Zelt zwischen Gemüsekisten hervor. Sarah streift sich ihre blauen Gummihandschuhe über und ist wenige Sekunden später damit beschäftigt, Paprika, Frühlingszwiebeln und Orangen in Plastikkisten zu verteilen. Vier Paprika, ein Bund Frühlingszwiebeln, zwei Orangen. Die Kisten wandern auf einem Rollband vor der 22-Jährigen von links nach rechts. Jeder Handgriff sitzt bei der jungen Frau.

123 Kisten für Bedürftige

Alle sind hier längst eingespielt. Auch für Sarah ist es nichts Neues. Seit rund fünf Jahren engagiert sich die ausgebildete Audiologieassistentin jeden Freitag bei der Tafel. Angefangen hat sie noch als Schülerin – inspiriert vom Großvater, der in den Räumlichkeiten der Tafel als Hausmeister gearbeitet hat. Die Aufgaben sind dabei jede Woche die Gleichen: „Zuerst sortieren wir die Lebensmittel, die von den Supermärkten kommen aus“, erklärt Sarah. „Alles, was Schimmel hat oder offensichtlich nicht mehr gut ist, kommt weg. Den Rest sortieren wir in Kisten. Dann geht es ans Zusammenstellen, und wir füllen Kisten. Davon bekommt dann jede Person eine.“

Die 22-Jährige hat durch ihr Ehrenamt gelernt, Bedürftige viel mehr zu schätzen.

Heute sind es insgesamt 123 Kisten, die gepackt werden. Gestapelt stehen sie vor der Zeltrückwand und warten auf ihre Abholer. 123 bedürftige Menschen, die an diesem Freitag Lebensmitteln abholen. Sarah kennt die meisten. „Klar, viele Gesichter kennt man inzwischen. Aber es sind auch immer wieder mal Neue dabei.“ Teils sind die Personen genauso alt wie Sarah. „Das ist schon manchmal ein komisches Gefühl“, gibt die 22-Jährige zu. Ein Großteil der Abholerinnen und Abholer sind aber auch Renterinnen und Rentner. Eines vereint alle: „Wir sind total dankbar, dass wir hier jede Woche hinkommen können!“, versichert eine ältere Abholerin, die auf ihrem Rollator eine große Plastiktüte voller frischem Obst und Gemüse abgestellt hat.

„Am Ende des Tages weiß man auf jeden Fall, was man gemacht hat!“
Sarah

Für die Bedürftigen sind die rund 960 Tafeln in Deutschland dringend notwendig, teils sogar überlebenswichtig. Auch auf Sarah färbt die Dankbarkeit ab. „Das ist schon schön, da weiß man auch, wofür man das macht!“, sagt die junge Frau und lächelt. Heute ist sie drei Stunden bei der Tafel vor Ort. Sarah kommt direkt von der Arbeit und muss am Abend noch ins Training des Sportvereins. Ein volles Programm zum Wochenendbeginn. Das merkt auch Sarah.

Nichts für die Tonne

Der Einsatz der jungen Frau kommt nicht nur den Bedürftigen zu Gute. Die Tafeln leisten auch einen erheblichen Beitrag gegen Lebensmittelverschwendung. Aktuell sind es nach wie vor rund 75 Kilogramm an Essbarem, die jeder und jede in Deutschland jährlich in die Tonne wirft. Eine riesige Zahl, bei der deutlicher Verbesserungsbedarf sichtbar wird. Für die 22-Jährige gibt es neben diesen Aspekten noch etwas anderes Wertvolles aus der ehrenamtlichen Arbeit bei der Tafel: „Man lernt, Bedürftige viel mehr zu schätzen und im öffentlichen Raum auch zu sehen!“


Fotos: Franziska Reeg, privat