Ausgabe 4-2023 : November

Ich will Priesterin werden

Sie ist Theologin, Journalistin und Autorin und sie hat einen großen Traum – Jacqueline Straub will Priesterin werden. Dafür steht sie ein, dafür kämpft sie. Wie alles begann und woher sie die Kraft nimmt, auch bei Gegenwind ihr Ziel nicht aus den Augen zu verlieren, darüber haben wir mit ihr gesprochen.

Mit einem Brennen im Herzen fing alles an. Da wusste Jacqueline Straub – sie will Priesterin werden.

"Als ich ein Kind war, hatte ich nur sehr wenig Kontakt zur Kirche. Wir sind zu Hause immer nur an Weihnachten in den Gottesdienst gegangen", sagt Jacqueline Straub und schmunzelt. In ihrer Heimatgemeinde sei der Pfarrer sehr streng gewesen, erklärt sie weiter und nach der Kommunion habe sie sich deswegen auch bewusst dagegen entschieden, Ministrantin zu werden. Erst einige Jahre später als Jugendliche habe sich das geändert. Durch eine Mitschülerin, die eine Bibel mit zur Schule brachte, fing Jacqueline an, sich mit dem Glauben näher und intensiver zu beschäftigen. Den Stein ins Rollen gebracht, hat dann eine katholische Jugendfreizeit, die sie als 15-Jährige besucht hat. "Da habe ich zum ersten Mal dieses Gefühl verspürt. Ein Gefühl, das ich bis heute empfinde – ein Brennen im Herzen."

Theologin, Autorin und Journalistin: Jacqueline Straub stand schon für diverse Formate vor der Kamera.

Mit dem Brennen im Herzen kristallisierte sich dann auch ihr Berufswunsch heraus. "Ich konnte das damals noch nicht genau in Worte fassen, aber ich wollte das machen, was der Pfarrer gemacht hat – Predigen, Eucharistie feiern, Kinder taufen. Aber ich habe mich erstmal nicht getraut, das laut auszusprechen. Ich wusste ja, dass das als Frau in der katholischen Kirche nicht funktionieren wird." Ein paar Jahre später vertraut sich Jacqueline einem Priester an. Sie und ihre Familie waren in der Zwischenzeit umgezogen, in eine größere Gemeinde mit einem anderen Pfarrer. Anders als in der vorherigen Gemeinde war hier Jacqueline auch als Ministrantin im Einsatz. Dass in ihr etwas Besonderes steckt, das hat auch der damalige Pfarrer gemerkt. "Er war es, der mir geraten hat Theologie zu studieren. Dann würde ich herausfinden, warum Frauen keine Priesterin werden könnten, aber vielleicht würde ich auch herausfinden, warum sie es werden sollten, sagte er zu mir. Das fand ich total stark!"

"Es war ein Brennen im Herzen. Ich wollte das machen, was der Pfarrer macht: Predigen, Eucharistie feiern, Kinder taufen."
Jacqueline Straub

Seitdem sind mittlerweile 15 Jahre vergangen. Nach dem Abitur hat sie katholische Theologie in Freiburg im Breisgau, Fribourg und Luzern studiert. Heute arbeitet Jacqueline Straub zwar nicht als Priestern, dafür aber als Journalistin und macht sich in den Medien für ihr Herzensthema stark. Sie hat mehrere Bücher zum Thema Frauenpriestertum und Gleichberechtigung geschrieben und diskutiert u.a. in Talkshows mit Bischöfen und anderen Würdenträgern darüber, warum Frauen zur Priesterweihe zugelassen werden sollten. Der britische Sender BBC hat sie auf die Liste "BBC 100 Women 2018" gewählt und zählt sie zu den 100 inspirierendsten und einflussreichsten Frauen der Welt.

In ihrem letzten Buch "Wir gehen dann mal vor – Zeit für einen Mutausbruch" berichtet Jacqueline Straub von Katholik*innen, die sich für Reformen innerhalb der katholischen Kirche einsetzen.

Leicht war dieser Weg nicht, und auch wenn sie von vielen Menschen für ihren Mut Zuspruch bekommt: Es gab und gibt nach wie vor immer wieder zum Teil massiven Gegenwind. Schon im Studium muss sie sich von Kommiliton*innen doofe Sprüche anhören. "Es gab Mitstudierende, die mir ins Gesicht gesagt haben: 'Wenn die katholische Kirche Priesterinnen zulässt, dann trete ich aus der Kirche aus.' Das hat mich sehr nachdenklich gemacht", sagt die 33-Jährige. Schlimmer wurde es 2011: Damals erlangte Jacqueline Straub größere Bekanntheit, als sie im Rahmen des Besuchs von Papst Benedikt in Freiburg für einen Buchbeitrag einen Text schrieb, welcher veröffentlicht wurde. "Ich stellte fest, dass mich Professoren nicht mehr grüßten. Auch Kommilitoninnen, mit denen ich sehr eng war, wandten sich von mir ab, weil sie Angst hatten, die Freundschaft zu mir könnte dazu führen, dass sie nach dem Studium keine kirchliche Anstellung bekommen. Das hat mich schon sehr getroffen", sagt die Theologin.

"Früher wurde ich als Exot bezeichnet. Heute weiß man, dass es noch viel mehr Frauen gibt, die dieselbe Berufung verspüren wie ich. Das stärkt mich!"
Jacqueline Straub

Auch heute noch hat Jacqueline Straub mit Anfeindungen zu kämpfen. Fast täglich erreichen sie Hassbotschaften – sei es per Mail, Facebook oder Instagram. Und auch sie habe Tage, an denen sie am liebsten im Bett bleiben würde, weil es ihr einfach zu viel werde. Aufgeben, das sei aber trotzdem keine Option, so Jacqueline Straub: "Meine Kraft und meinen Mut bekomme ich von Gott. Er hat mich berufen und das gibt mir die Kraft, diesen Weg weiterzugehen." Was ihr darüber hinaus Kraft gebe, das seien die Menschen, die hinter ihr stehen, die sie unterstützen.

Und es sind die vielen Frauen, die mit ihr auf die Straße gehen. Die Veröffentlichungen der deutschlandweiten Missbrauchsstudie innerhalb der katholischen Kirche 2018 hat viel in Bewegung gebracht. "Es wird jetzt mehr und offener diskutiert und es hat auch das Thema Frauenpriestertum wieder mehr auf die Agenda gebracht. Frauen trauen sich, zu ihrer Berufung zu stehen. Früher wurde ich noch als Exot bezeichnet und jetzt sieht man, dass es da noch viel mehr Frauen gibt, die dieselbe Berufung verspüren wie ich."

Auf ihrem Instagram-Account postet Jacqueline Straub Beiträge zu Glaubensthemen und über Gott, aber auch darüber, was sie an der Kirche stört.

Auch wenn sich einiges in den letzten Jahren verändert hat, eine Sache ist unverändert geblieben: Am Altar dienen, das darf Jacqueline Straub trotzdem nicht. Diese Tatsache schmerze sie, wie sie kürzlich auf ihrem Instagram-Account geschrieben hat. Dort und auf X (ehemals Twitter) spricht sie über Glaubensthemen und über Gott, aber auch darüber, was sie an der Kirche stört.

Und sie berichtet über Momente, die sie bestärken. Vor einiger Zeit hat sie über ihre Social-Media-Kanäle ein Selfie mit einem Priester veröffentlicht. "Ich war für einen Dreh in Rom unterwegs und hatte einen Interviewtermin mit einem Kardinal im Vatikan. Während ich dort im Gang auf meinen Interviewpartner wartete, wurde ich von einem Vatikanmitarbeiter, einem Priester, erkannt. Er sagte auf Englisch zu mir, er hätte mein Buch gelesen und sei begeistert von meiner Mission. Er wünschte mir Kraft und dankte mir für meinen Einsatz für die Kirche."

Das seien die Momente, die ihr Hoffnung geben, erklärt Jacqueline Straub weiter. "Wenn meine Botschaft bereits im Vatikan Zuspruch findet, und sei es nur im Kleinen, dann sind wir auf dem
richtigen Weg."


Fotos: Jacqueline Straub

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2 Kommentare

  • Josef
    am 11.12.2023
    Die kath. Kirche hat ein riesen Problem mit dem Priestermangel, aber Frauen mit Feuer, wie Jacqueline lässt man im Regen stehen.

    Es ist bekannt, dass bei der Aussendung der Apostel Frauen dabei waren.
    Also wo ist das Problem?? Wenn eine Frau Ärztin und Chefin sein kann, kann sie auch am Sonntag Gottesdienst feiern!! Von 50 Ministranten sind 30-40 Mädchen!!
  • alois braun
    am 28.12.2023
    Ich wünsche Dier alles gute auf deinen

    Ich wünsche Dier für deinen weiteren Weg zum Priester in der Kat. Kirche, viel Kraft und Gottes Segen
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