Ausgabe 1-2022 : Februar

Geht da noch was?

Kaputte Elektrogeräte landen meistens auf dem Müll. Dabei kann man sie in manchen Fällen noch reparieren. Eine Möglichkeit dafür bieten Reparatur-Cafés. Aber wie läuft das dort ab und was ist das eigentlich genau?

Ein Chaos an Drähten und Elektronik - ob man das wieder zum Laufen bringen kann?

Seit rund zwanzig Minuten stehe ich im Hinterhof des Bürgercafés in Köln-Dellbrück und warte. Außer mir sind hier noch drei weitere Besucher. Ungeduldig wirkt hier niemand, alle haben Zeit mitgebracht. Die Anmeldeliste auf dem Terrassentisch vor mir habe ich bereits ausgefüllt: Name, Kontakt und dann – Gerät, „Toaster“ schreibe ich mit Kugelschreiber in das Feld. Weiter oben in der Liste lese ich „Säge“, „Nähmaschine“, „Drucker“ oder aber „Fahrradlampe“. All das soll heute eine zweite Chance bekommen – im Reparatur-Café.

Reparatur-Café: Was ist das eigentlich?

Die Idee von Reparatur-Cafés geht auf das Jahr 2009 zurück. Damals fand in Amsterdam in den Niederlanden die erste Reparatur-Veranstaltung statt. Im Laufe der Zeit kam die Idee auch in Deutschland an. Über 900 Reparatur-Cafés sind heutzutage im Netzwerk Reparatur-Initiativen deutschlandweit gelistet. Und es kommen immer mehr dazu.

Aber was ist eigentlich das Prinzip dahinter? Einen Gegenstand reparieren lassen und dabei Kuchen essen? Nicht ganz: „Wenn man möchte, dass ein defektes Gerät sicher wieder läuft, muss man zur Fachwerkstatt. Wenn man es einfach nur entsorgen will, muss man zum Schrottplatz. Hier ist die Mitte“, erklärt Holger Londschien, Initiator des Reparatur-Cafés in Köln-Dellbrück. Einmal im Monat organisiert er gemeinsam mit einem kleinen Team aus Ehrenamtlichen im Bürgertreff die Initiative. „Hilfe zur Selbsthilfe“ lautet dabei das Motto. Selbst mit anpacken ist hier angesagt. 
 

Im Repair-Café der Kolpingsfamilie Reken/ St. Heinrich sind die Besucherinnen und Besucher des Repair-Cafés nachhaltig aktiv.

Das erfahre auch ich heute. Im Bürgercafé erwartet mich ein Raum mit drei Tischen. An jedem sitzt ein Helfer, gemeinsam mit einem großen Haufen an Werkzeug. Mit meinem Toaster lande ich bei Harald. Warum er hier ehrenamtlich mit dabei ist? Interesse am „experimentellen Schauen“ nennt er es. Bei dem Toaster heißt das im konkreten Fall erst einmal aufschrauben. Richtigen Aufsatz finden, die Toasterhülle entfernen und den kaputten Draht wieder gerade biegen.

Ich bin ehrlich – alleine hätte ich mir die Mühe daheim wahrscheinlich nicht gemacht, sondern den Toaster weggeworfen und einen neuen gekauft. Wie auch viele andere: Der Anteil an Elektroschrott ist in Deutschland von 2015 bis 2020 um 21 Prozent gestiegen, so schnell wie kein anderer häuslicher Müll. Das Problem daran liegt nahe. Vieles wird einfach entsorgt, anstatt es dem Recycling zuzuführen. So wird giftiger Elektroschrott verbrannt, und wertvolle Rohstoffe gehen verloren. Holger Londschien hat eine Erklärung für so viel Müll. „Viele neuere Geräte lassen sich nicht mehr so einfach zerlegen, und man kommt schwer an einzelne Bauteile ran.“ Gleichzeitig nutzen die Menschen Geräte nicht mehr so lange wie früher.

Initiativen wie Reparatur-Cafés wollen hier einen Gegentrend setzen. Dabei geht es längst nicht nur um die Raperatur. Londschien, der seit Beginn des Reparatur-Cafés in Köln-Dellbrück dabei ist, hat viele verschiedene Gäste erlebt. Bei den meisten von ihnen bemerkt er noch etwas anderes: „Die Hilfesuchenden sind richtig stolz, wenn wir erfahren, dass sie etwas selbst repariert haben. Das ist ein schönes Erlebnis.“ 

Kolpingsfamilie am Reparieren

Dass der soziale Aspekt eine wichtige Rolle spielt, das weiß auch Thomas Ebert. Er ist in der Kolpingsfamilie Reken/St. Heinrich für das örtliche Reparatur-Café mit zuständig. Das wird unter der Leitung der Kolpingsfamilie seit 2019 monatlich in den Gemeinderäumen geführt. Die Idee brachte damals ein Mitglied der Kolpingsfamilie mit. Seitdem wird in Reken fleißig repariert – aber nicht nur das. „Viele kommen hierhin, um miteinander zu quatschen“, erzählt Ebert.  Gemeinsam alte Geräte reparieren und damit nachhaltig Ressourcen schonen – dieser Gedanke hat die Kolpingsfamilie sogar zum Preisträger gemacht. Im vergangenen Jahr hat das Sozialministerium in Nordrhein-Westfalen das Reparatur-Café der Kolpingsfamilie ausgezeichnet. Anklang findet das Café in Reken auf jeden Fall – ob als Preisträger in der Öffentlichkeit oder als Ort, der Hilfe zur Selbsthilfe anbietet. Auch, wenn nicht immer alles wieder heil mit nach Hause wandert.
 

Das merke auch ich heute. Neben dem Draht hat der Toaster auch einen Defekt an der Elektronik. Harald lotst mich durch ein Labyrinth von Drähten und Anschlüssen im Inneren des Toasters. Alles verstehen tue ich nicht, die Expertise hat Harald. Die Neugier und Lust am Reparieren bringe ich allerdings mit. In der Kombination bringt das schon ganz schön viel. Aber ob das ausreicht? Nach einer Weile werkeln folgt der Stromtest: Leider erfolglos. Zum Brötchen aufbacken kann das Gerät nicht mehr dienen. Damit ist der Toaster kein Einzelfall im Reparatur-Café. „Natürlich kriegen wir nicht alles repariert“, erzählt Lond-schien. „Der beste Kunde ist für uns der, der sagt: Ich habe was dabei und will mal schauen – wenn es danach wieder funktioniert, dann ist das super, wenn nicht, dann ist das auch ok. Neukaufen kann man das Teil immer noch.“

Einen Versuch wert war es auf jeden Fall. Auch wenn ich den Toaster im kaputten Zustand wieder mit nach Hause nehme. Er ist heute eines von rund 15 Geräten gewesen. In Spitzenzeiten würde das Team sogar 25 bis 30 Geräte in drei Stunden schaffen, erzählt Holger Londschien. Mir ist klar geworden: Die wenigsten kommen, weil sie eine günstige Reparatur haben wollen, die allermeisten kommen hier aus Überzeugung her. Und auch ich bin mir sicher: Beim nächsten kaputten Gerät wird das Reparatur-Café meine erste Anlaufstelle sein.


Fotos: Franziska Reeg, Christoph Hartkamp

Vielleicht gibt es ja auch bei Euch in der Nähe ein Reparatur-Café? Auf der Seite www.reparatur-initiativen.de sind alle eingetragenen Reparatur-Cafés in Deutschland zu finden. Außerdem findet Ihr dort Hilfe, wie ihr Eure eigene Reparaturinitiative gründen könnt.