Ausgabe 1-2022 : Februar

Weil die Zeit drängt

In den kommenden Jahren muss die Politik Weichen stellen – was weitreichende Folgen haben wird. Das Kolpingwerk Deutschland hat daher klare Erwartungen an den 20. Deutschen Bundestag.

Globalisierung und demografischer Wandel, Klimawandel und Digitalisierung, Migrationsbewegungen und Corona-Pandemie: Seit einigen Jahren erlebt die Welt epochale Umbrüche in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik. In vielen Politikfeldern drängt die Zeit. Nach der Konstituierung des 20. Deutschen Bundestages und Bildung einer neuen Bundesregierung sieht der Bundesvorstand des Kolpingwerkes die Chance für einen Aufbruch und fordert von der Politik: „Handeln Sie. Jetzt!“ Wie genau die Mandatsträger_innen handeln sollen, hat der Bundesvorstand in seinen „Erwartungen an den Bundestag“ ausführlich formuliert. Jedes der 736 Mitglieder des Bundestages – circa 40 davon gehören übrigens auch dem Kolpingwerk Deutschland an – hat ein Exemplar des Schriftstücks zugeschickt bekommen.

Konsequent handeln

In der Klimapoltik erwartet das Kolpingwerk, dass deutlich mehr unternommen wird, um die Klimaschutzziele einzuhalten. Dies dürfe nicht zulasten der nächsten Generationen auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden. Der neue Deutsche Bundestag müsse mutige und ambitionierte Ziele und Maßnahmen beschließen sowie konsequent handeln, um dem Pariser Klimaabkommen 2015 sowie dem Klimapakt von Glasgow 2021 gerecht zu werden, so der Bundesvorstand: „Denn je später gehandelt wird, desto kleiner wird der Handlungsspielraum und desto tiefgreifender und radikaler müssen die Maßnahmen sein.“ Das Ziel müsse es sein, schon deutlich vor 2045 Klimaneutralität zu erreichen.

Wichtig ist dem Kolpingwerk auch das Thema „Alterssicherung“ – schließlich wird in Zukunft die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beitragszahler_innen abnehmen, während die Zahl der Rentner_innen weiter wächst. Das Kolpingwerk erwartet, dass das Rentensystem angesichts zunehmender finanzieller Belastungen für die Beitragszahler_innen hin zu einer Erwerbstätigenversicherung mit verbreiterter Versichertenbasis weiterentwickelt wird. 

Der Bundesvorstand ist der Überzeugung, dass die Kopplung des Renteneintrittsalters an die steigende durchschnittliche Lebenserwartung ein guter Weg wäre, um mehr Generationengerechtigkeit zwischen Beitragszahler_innen und Rentenempfänger_innen her­zu­stellen. „Dies sollte allerdings nur bei gleichzeitigem Ausbau von Präventions- und Rehabilitationsmaßnahmen für Arbeitnehmende sowie durch eine Stärkung der Erwerbsminderungsrente erfolgen“, heißt es in der Erklärung.

Die in der Corona-Pandemie in besonderer Weise betroffenen Familien bilden das Rückgrat unserer Gesellschaft. Das Kolpingwerk erwartet, dass die Familienpolitik nicht anderen Interessen und Politikfeldern untergeordnet wird. Dazu gehört die gleichwertige gesellschaftliche Anerkennung von Erwerbs-, Familien- und Ehrenamtsarbeit sowie die Stärkung der im Grundgesetz hervorgehobenen Bedeutung von Ehe und Familie.

Die Ausbildungssuche war während der Corona-Pandemie nur unter deutlich erschwerten Bedingungen möglich. Trotz vieler Unterstützungsangebote finden viele Aus­­bildungs­suchende und Ausbildungsbetriebe nicht zueinander. Das liegt unter anderem auch daran, dass bezahlbarer Wohnraum nur schwer zu finden ist und der Berufswunsch nicht immer dem Ausbildungsangebot entspricht. Das Kolpingwerk erwartet deswegen eine stärkere Förderung und Ausweitung des Jugendwohnens sowie eine Verbesserung der Berufsberatung – unter anderen an allen weiterführenden Schulen.

Auf die Menschen zugehen

Gesellschaftlicher Zusammenhalt ist für das Kolpingwerk nicht selbstverständlich, sondern ein hohes und schützenswertes Gut. Wie ein Brennglas habe die Corona-Pandemie Verbindendes, aber auch Trennendes aufgezeigt. Die Politik müsse mehr auf die Menschen zugehen, da sich viele von ihr nicht gehört und wahrgenommen fühlen. Nur indem man jemanden zuhört und mitnimmt, könne einer Spaltung entgegengewirkt werden. Das Kolpingwerk erwartet, dass Politik hierfür die notwenigen Voraussetzungen schafft und gesellschaftliche Teilhabe für alle ermöglicht. Zudem fordert das Kolpingwerk eine  Förderung und damit eine Wertschätzung des bürgerschaftlichen und ehrenamtlichen Engagements. 

Wichtig ist dem Kolpingwerk zudem, dass Fluchtursachen bekämpft werden und Menschen, die in Verzweiflung Zuflucht
suchen, Hilfe und Unterstützung erhalten. Es müsse „endlich eine gemeinsame humane europäische Lösung gefunden“ werden, schreibt der Bundesvorstand. Für Menschen, die in Deutschland aufgenommen werden, brauche es darüber hinaus vereinfachte und frühzeitige Integrationsmöglichkeiten.

» Zur vollständigen Erklärung


Bild: Clareich/pixabay