Ausgabe 4-2021 : Oktober

Was heißt für Dich Männlichkeit?

Luca Duysak ist 27 Jahre alt, wohnt in der Nähe von Bonn und ist „trans“. Geboren in einem weiblichen Körper, fühlt er sich als Mann. Vor einigen Jahren hat er den Weg zur Geschlechtsangleichung begonnen. Die Redaktion des Kolpingmagazins hat mit Luca gesprochen.

Luca Duysak

Wann war für Dich klar, dass Du „im falschen Körper“ steckst?

Luca: Ich habe generell schon immer gemerkt, dass ich mich irgendwie nicht wohl fühle, so wie es war. Lange konnte ich es aber gar nicht richtig einordnen. Als ich 15, 16 Jahre war, da wusste ich überhaupt nicht, dass es „trans sein“ gibt. Erst als in meinem Freundeskreis das Thema aufkam, kam der Gedanke, dass das auch bei mir der Grund dafür sein könnte, warum es mir so schlecht geht. Lange habe ich das aber als Phase abgetan und das eher verdrängt. Letztlich wollte ich aber auch nicht, dass ich in meiner Entscheidung von anderen beeinflusst werde und habe das sehr mit mir selbst ausgemacht.

Wie war das Outing für Dich?

Luca: Mein Outing war gar nicht so intensiv. Ich hatte wenig Angst davor, mich zu outen, weil ich in einem Umfeld aufgewachsen bin, in dem ich wusste, dass ich als Mensch geschätzt werde, unabhängig vom Geschlecht.

Wie hat Dein Umfeld auf Dein Outing reagiert?

Luca: Ich hatte Glück mit der Reaktion meines Umfeldes und hatte Leute, die zu mir stehen, beziehungsweise mir nicht im Weg stehen. Ich habe es den Menschen in meiner Umgebung relativ früh gesagt, und da war niemand groß überrascht. Für alle war es eher eine Frage der Zeit, bis ich gesagt habe, dass ich mich als Mann fühle. Zu meiner Mutter habe ich gesagt: „Ich habe jetzt einen Termin bei der Psychotherapie gemacht und möchte den Prozess in Gang bringen, dass ich endlich in dem Körper bin, in dem ich mich auch fühle.“ Meine Mutter meinte, sie habe nur darauf gewartet, dass ich das ausspreche und wollte mich davor zu nichts drängen.

Was waren Deine nächsten Schritte nach Deinem Outing?

Luca: Nach langem Warten auf einen Platz habe ich mit einer Psychotherapie begonnen und war mir da aber auch schon sehr sicher, was ich will. Ich habe nicht gesagt ,Ich überlege‘, sondern ,ich muss das machen, da führt kein Weg daran vorbei‘.

Was heißt für Dich Männlichkeit?

Luca: Das ist ein Begriff, den jede Person für sich sehr individuell prägt. Für mich persönlich spielen die gesellschaftlichen „Klischee-Eigenschaften“ des Mannes eine Rolle – dass der Mann eine Beschützerfunktion hat, dass man sich stark fühlt. Ich würde zum Beispiel nicht wollen, dass eine Frau auf mich aufpasst, ich möchte aufpassen. Ich weiß, dass das nicht jeder nachvollziehen kann, das respektiere ich auch total, aber das ist meine Meinung. Das ist vielleicht ein bisschen traditionell und altmodisch, für mich aber wichtig.

Was ist die größte Veränderung für Dich, seit Du als Mann lebst?

Luca: Zuvor war es ein bisschen wie in einem Gefängnis: Man konnte zwar die ganze Zeit so sein, wie man ist, aber wenn man dann vor dem Spiegel stand und sich in dem weiblichen Körper gesehen hat, war das für mich fast ein Stück weit ekelhaft. Ich habe mich damit nicht wohlgefühlt. Als sich das alles geändert hat, war das für mich ziemlich erleichternd. Außerdem ist die Wahrnehmung der Außenwelt eine andere. Niemand zweifelt mehr an, ob ich eine Frau oder ein Mann bin.

Was waren Herausforderungen oder Hürden auf Deinem Weg?

Luca: Es ist so viel Papierkram, der über so viele Ecken laufen muss. Wenn ich zum Psychologen gehen möchte – Papierkram. Wenn ich meinen Namen ändern möchte – Papierkram. Wenn ich eine Operation haben möchte – Papierkram. Wenn ich mein Geschlecht anpassen möchte – Papierkram. Teils werden dann Dinge abgelehnt, und man muss etwas nochmal neu beantragen. Ich kann verstehen, dass das alles auch ein Stück weit notwendig ist, aber für Menschen, die sich in ihrer Entscheidung sehr sicher sind und diesen Weg gehen wollen, ist es nur ein Mehraufwand.

Hattest Du Angst oder Zweifel bezüglich Deines Weges von Frau zu Mann?

Luca: Ich hatte ehrlich gesagt keine Angst davor, weil ich für mich genau wusste, dass das der Weg ist, den ich brauche und den ich gehen will. Das hat sich bis heute auch bestätigt. Ich weiß aber auch, dass ich Glück mit meinem Umfeld habe. Ich habe sowohl auf der Arbeit, als auch im Privaten keine Probleme und Rückendeckung. Das ist leider für viele nicht selbstverständlich.


Fotos: Franziska Reeg