Ausgabe 3-2020 : Juli

Schon vorgesorgt?

Altersvorsorge ist kompliziert, bürokratisch oder „noch so weit weg“. Doch deshalb ist das Thema nicht weniger relevant.

Zur Rente gibt es zahlreiche Bücher, Ratgeber und Broschüren. Nicht zuletzt auch Beraterinnen und Berater wie Ulrich Benedix, die bei komplizierten Problemen helfen können. Doch vereinfacht gesagt ist der aktuelle Stand, dass die gesetzliche Rente nicht reicht. Expertinnen und Experten raten für die private Vorsorge daher zum Drei-Säulen-Modell. Doch wie sieht dieses genau aus?

Die erste Säule ist die gesetzliche Vorsorge. Für Arbeitnehmende ist das die gesetzliche Rentenversicherung oder ein berufsständiges Versorgungswerk, für Beamte die Beamtenversorgung. Die zweite Säule besteht aus betrieblicher Altersvorsorge. In der dritten Säule findet sich die private Altersvorsorge (z.B. Riester, Fonds-Sparplan). Aus welchen Bausteinen diese Säulen zusammengesetzt werden oder ob überhaupt alle drei Säulen benötigt werden, hängt von der jeweiligen Lebens- oder Finanzsituation ab und kann deshalb nicht mit einem kurzen Artikel abgedeckt werden. Was jedoch in den einzelnen Altersvorsorge-Optionen steckt, für wen sie sich lohnen und ob sie überhaupt noch zeitgemäß sind, wurde hier zusammengefasst.

Riester-Rente

In den letzten Jahren ist die Riester-Rente vor allem durch teure und undurchsichtige Verträge in Verruf geraten. Doch wie funktioniert sie?

Mit Riester erhält jeder Versicherte pro Jahr zu dem Beitrag, den er einzahlt, zusätzlich 175 Euro vom Staat. Pro Kind, das nach 2008 geboren ist, gibt es außerdem 300 Euro dazu. Um die volle Förderung zu erhalten, muss man mindestens vier Prozent des Vorjahresbruttoeinkommens einzahlen, sonst gibt es prozentual weniger. Die Riester-Rente wird ab Rentenbeginn bis zum Lebensende ausgezahlt, eine sofortige Auszahlung von bis zu 30 Prozent des Ersparten ist auch möglich. Bis zur Rente lässt sich der eingezahlte Beitrag bis zu einer Höhe von 2.100 Euro pro Jahr von der Steuer absetzen, in der Auszahlungsphase wird die Rente über die Einkommenssteuer besteuert. Abgaben für die Sozialversicherungen fallen jedoch nicht an.

Für wen lohnt sich Riester?

Riester lohnt sich aufgrund der Zuschläge vor allem für Familien mit Kindern. Aber auch für gut verdienende Singles kann Riester dank der Steuerersparnis sinnvoll sein. Geringverdienenende können, wenn sie mindestens 60 Euro jährlich einzahlen, von den staatlichen Zulagen profitieren. Am Ende kommt es jedoch immer auf den Vertrag an.

Was gibt es für Riester Arten?

  • Riester-Rentenversicherung – oft kritisiert wegen hoher Kosten

  • Riester-Banksparplan – wenig Zinsen, gut, wenn man wenig anspart und nur die Förderung abholen möchte 

  • Riester-Fondssparplan – relativ kosten günstig; gut, wenn man noch viel Zeit bis zur Rente hat

  • Wohnriester-Darlehen – Staat fördert die Tilgung des Immobilienkredits

  • Riester-Bausparvertrag – Staat fördert nur, wenn die gekaufte/gebaute Im mobilie selbst genutzt wird

Betriebliche Altersvorsorge

Die betriebliche Altersvorsorge (bAV) ist weit verbreitet. Sie funktioniert so: Der Arbeitgeber bietet den Mitarbeitenden eine betriebliche Altersvorsorge an. Dabei zahlt der Arbeitnehmer einen Betrag seines Bruttogehalts in einen Rentenvertrag, den der Arbeitgeber abgeschlossen hat. Dieser steuert zusätzlich einen Beitrag (mindestens 15 Prozent des eingezahlten Betrags) mit ein. Das Geld des Arbeitnehmers wird bis zu einem Höchstbetrag nicht besteuert. Bei der Auszahlung im Rentenalter müssen allerdings Einkommens- und Sozialversicherungssteuern gezahlt werden. Diese sind aufgrund des dann geringeren Einkommens jedoch oft niedriger. Eine betriebliche Altersvorsorge lohnt sich vor allem dann, wenn der Arbeitgeber viel dazu gibt.

Vier Fakten zur betrieblichen Altersvorsorge

  • Jedem Arbeitnehmer steht gesetzlich eine bAV zu.
  • Der Arbeitgeber sucht den Vertrag aus.
  • Das Guthaben aus einer alten bAV lässt sich nach fünf Jahren Betriebszugehörigkeit auch in eine neue bAV übertragen.
  • Einen Anteil des Bruttogehalts in einen Vertag einzuzahlen nennt sich Entgeld­umwandlung.


Vorteile der Altersvorsorge

  • Der Beitrag wird nicht von der Steuer abgezogen. 
  • Die Vorsorge ist auch bei Insolvenz des Arbeitgebers abgesichert. 
  • Aufwandsarm dank Verwaltung über den Arbeitgeber.


Nachteile der betrieblichen Altersvorsorge

  • Die Beiträge werden im Rentenalter bei der Auszahlung versteuert.
  • Weil der Arbeitnehmer weniger in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlt, verringert sich auch die gesetzliche Rente.
  • Bei Arbeitgeberwechsel kann es zu veränderten Vertragsbedingungen kommen.

Rürup-Rente

Die Rürup-Rente, auch Basisrente genannt, wurde für Menschen geschaffen, die nicht in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen, weil sie zum Beispiel selbstständig tätig sind. Mit den eingezahlten Beiträgen wird eine lebenslange Rente finanziert. Die Rürup-Rente ist nicht kündbar, die Beiträge können jedoch ausgesetzt werden. Auch eine größere Auszahlung wie bei der Riester-Rente ist nicht möglich. Nach dem Tod verfällt die Rente, es sei denn, eine zusätzliche Hinterbliebenenabsicherung ist Teil des Vertrags.

Steuerersparnis bei Rürup
Die 2020 gemachten Einzahlungen sind zu 90 Prozent von der Steuer absetzbar, der Prozentsatz steigt jährlich um zwei Prozent bis 2025 100 Prozent absetzbar sind.
Die Auszahlungen in 2020 müssen zu 80 Prozent versteuert werden, dieser Prozentsatz steigt jährlich um ein Prozent bis 2040 100 Prozent zu versteuern sind.

Lebensversicherung

Eine klassische Lebensversicherung besteht aus der Kapitallebensversicherung und einer Risikolebensversicherung. Die erste ist ein Sparprodukt, bei dem der angesparte Beitrag am Ende als Rente ausgezahlt werden kann. Aufgrund der hohen Verzinsung war sie viele Jahre lang sehr gefragt, die anhaltende Niedrigzins­phase hat den Mehrwert der Versicherungen jedoch drastisch gesenkt. Die Risikolebensversicherung dient weniger zur Altersvorsorge, sondern ist vielmehr eine Absicherung der Angehörigen nach dem Tod des Versicherten. Stirbt in einer Familie der Hauptverdienende, so lässt sich mit der vorher festgelegten Summe die finanzielle Situation der Hinterbliebenen absichern. 

Aufgrund der hohen Abschlusskosten und Intransparenz der Verträge raten die Finanzexperten von Kapitallebens­versicherungen ab.  

Sofortrente

Eine Sofortrente ist eine Rentenversicherung, in die einmalig ein großer Beitrag eingezahlt wird. Von diesem Geld erhält man eine garantierte lebenslange Rente. Die Höhe der Rente hängt vom eingezahlten Geld und der Lebenserwartung ab. Je nach Vertrag verfällt das Restgeld nach dem Tod. Um dies zu vermeiden, muss eine Hinterbliebenabsicherung wie zum Beispiel eine Rentengarantiezeit Teil des Vertrags sein. Außerdem kann das eingezahlte Geld nicht mehr zurückgefordert werden.

Eine Alternative zu der Sofortrente kann ein Auszahlplan sein. Dieser ist oft kostenfrei, und nach dem Todesfall kann das Restvermögen unkompliziert vererbt werden. Allerdings bietet dieser keine garantierte lebenslange Rente, sondern nur Auszahlungen, solange das Ersparte reicht. Außerdem sind alle Beiträge oberhalb des Sparerpauschbetrags zu versteuern, bei der Sofortrente nur der Ertragsanteil. Außerdem sollte berechnet werden, ob die anfallenden Steuerkosten höher sind als die oft hohen Verwaltungskosten der Rentenversicherung.

ETF-/Fonds-Sparplan

Mit einem Sparplan auf einen Aktienfonds oder ein ETF wird das Geld an der Börse investiert. Durch das Risiko, das mit dem Aktienkauf eingegangen wird, erhält der Einzahlende eine höhere Rendite von bis zu sieben Prozent. Dieses höhere Risiko kann dazu führen, dass sich das Ersparte schnell vermehrt. Durch eine Finanzkrise kann das Privatvermögen jedoch auch schnell abschmelzen. Finanzexperten empfehlen daher, Aktien, Fonds oder ETFs, die man als private Altersvorsorge nutzt, möglichst lange ruhen zu lassen. Zieht man sein Geld bei jeder Krise aus dem Kapitalmarkt zurück, wird man vermutlich Verluste machen. Auf lange Sicht hat sich der Kapitalmarkt bis jetzt jedoch immer wieder erholt.

Was sind ETFs?

Ein ETF (Exchange Traded Fund) ist ein börsengehandelter Indexfonds. Ein Börsenindex fasst den Wert von ausgewählten Unternehmen an der Börse zusammen. Der Deutsche Aktienindex (DAX) spiegelt zum Beispiel den Wert der 30 größten börsennotierten Unternehmen in Deutschland wider. Ein ETF des DAX ist eine Zusammenstellung dieser Aktien. Die Anteile sind dabei nahezu identisch mit denen im Aktienindex. ETFs gibt es auf viele verschiedene Indexe, auch jene mit einem Fokus auf Nachhaltigkeit. Ein ETF hat aufgrund der automatischen Zusammenstellung weniger Nebenkosten als ein spekulativ gemanagter Aktienfonds. 

Was ist ein Sparplan?

Ein Sparplan funktioniert wie eine Dauerüberweisung auf ein Sparbuch. Geld wird auf ein Sparplankonto über wiesen und dort einmal pro Monat, Quartal oder im halben Jahr in Aktien, Fonds oder in ETFs investiert. Die Gewinne, die der Fonds oder die Aktienerwirtschaftet haben, fließen zurück in den Sparplan. Wie viel eingezahlt wird, kann jeder selbst entscheiden. Auch die Auszahlung erfolgt individuell. 

Wir haben Ulrich Bendix, ehrenamtlicher Versichertenberater beim Kolping Rentenversicherungs Bund, zum Thema Altervorsorge interviewt:

Ein Interview mit

  • Ulrich
    Benedix

Für eine gute Rentenzeit sollte neben der privaten Vorsorge auch die gesetzliche Rentenversicherung optimal ausgenutzt werden. Damit bei allen Anträgen, Zusatzleistungen und Abzügen keine Fehler passieren, gibt es überall in Deutschland ehrenamtliche Versichertenberaterinnen und -berater. Auch Kolping stellt über die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Arbeitnehmer-Organisationen (ACA) Beratende, die bei allen Fragen zur gesetzlichen Rentenversicherung aushelfen können. Ulrich Benedix ist einer von ihnen:

Wie läuft eine Beratung ab?

Ulrich Benedix: Das kommt immer darauf an, wie viele Fragen der oder die Ratsuchende mitbringt. In der Beratung ist eine aktuelle Rentenauskunft das
A und O. Oft hat der Ratsuchende uralte Unterlagen oder sogar gar keine, aber mithilfe der Rentenversicherungsnummer kann ich eine neue Rentenauskunft beantragen. Da steht drin, ob zum Beispiel noch Lücken im Versicherungsverlauf bestehen. Ist das der Fall, sollte eine Kontenklärung durchgeführt werden. Sonst kann es sein, dass die gesetzliche Rente niedriger ist, als sie einem eigentlich zusteht.

Angenommen, mein Versicherungsverlauf ist sauber, ich stehe kurz vor der Rente, aber ohne meine private Altersvorsorge hätte ich nicht genug Geld. Woran liegt das?

Benedix: Die gesetzliche Rentenversicherung ist leider nicht dafür ausgelegt, allen Menschen eine ausreichende Rente zu zahlen. Der Rentenverlauf ist ein Spiegelbild der gesamten Erwerbstätigkeit und eventueller Sozialleistungen. Jedes Mal, wenn die Politik in das Rentenrecht eingegriffen hat, war das selten von Vorteil. Natürlich wäre es sehr schön, wenn alles über die gesetzliche Rentenversicherung laufen würde, aber in die Gesetzgebung spielen so viele Lobbyisten und Interessensgruppen mit rein – und natürlich auch die politische Ausrichtung der verschiedenen Regierungen. Von einem Zustand, in dem die staatliche Rente eine Grundversorgung darstellt, sind wir leider meilenweit entfernt.

„Spätestens ab der Gründung einer Familie ist es Zeit, sich Gedanken über eine (...) vernünftige Altersvorsorge zu machen.“
Ulrich Benedix

Was wäre ein Zukunftskonzept, dass diese Ansprüche besser erfüllen würde?

Benedix: Alle Beitragszahler in die gesetzliche Rente! In einer sogenannten Bürgerversicherung nach österreichischem Vorbild gäbe es keine Unterscheidungen zwischen Beamten und anderen Erwerbstätigen. Das System in Österreich funktioniert gut und nachhaltig. In einem Bundestag, in dem mehrheitlich Verbeamtete sitzen, wird so ein Systemwandel aber wohl kaum geschehen.

Wie kann ich mich dann gut vor Altersarmut schützen?

Benedix: Eine gut aufgestellte Altersvorsorge besteht aus drei Säulen. Der gesetzlichen, der betrieblichen und der privaten Altersvorsorge. Das hat jeder selbst in der Hand. Und jeder, egal wie viel er oder sie verdient, sollte jeden Monat etwas beiseitelegen. Dazu muss man sich zur Not zwingen. Spätestens ab der Gründung einer Familie ist es Zeit, sich Gedanken  über eine Kontenklärung und eine vernünftige Altersvorsorge zu machen.

Welche private Altersvorsorge lohnt sich am meisten?

Benedix: Das ist eine Frage, die ich den Versicherten nicht beantworten kann. Als ehrenamtlicher Versichertenberater ist es nicht meine Aufgabe, bei der privaten Altersvorsorge zu beraten – darf ich auch gar nicht, das wäre unlautere Werbung. Ich weise da immer gerne auf die Beratungsangebote der Verbraucherzentralen hin. Die sind überparteilich, unabhängig und haben eine hohe Kompetenz. Auf dem Versicherungsmarkt gibt es einige schwarze Schafe, die nur auf die Provision aus sind. Da ist man besser gut beraten.

Warum ist Altersvorsorge gerade für Kolping ein wichtiges Thema?

Benedix: Denke ich an Vater Kolping, kommt mir immer wieder ins Bewustsein, dass er die Handwerksburschen von der Straße geholt, sie unterstützt, und ihnen eine Ausbildung gegeben hat. Und danach hat er sie knallhart rausgeschmissen und ins leben geschickt. Das ist auch mein roter faden und meine Motivation - Menschen helfen, so dass sie selber laufen und ihre Leben eigenverantwortlich gestalten können. Subsidarität kommt vor Solidarität.
 

Wo finde ich Beratung?

Auf der Internetseite der ACA findet man schnell einen Kolping-Versichertenberater:
aca-online.de/berater-finden/

 

Wer dort nicht fündig wird, kann sich auch an die lokale Verwaltung der Deutschen Rentenversicherung wenden:
deutsche-rentenversicherung.de

Text: Tobias Pappert
Bilder: Kathrin Frank (Illustrationen), Fabian Blank, Scott Graham und Markus Spiske/Unsplash (Fotos)