Ausgabe 3-2024 : August

"Der verpflichtende Freiwilligendienst ist paternalistisch"

Contra soziales Pflichtjahr: Gregor Podschun, BDKJ, im Kurz-Interview

Gregor Podschun ist Bundesvorsitzender des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ), der die Interessen von 600.000 Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen in 17 katholischen Jugendverbänden in Deutschland vertritt.

Herr Podschun, wie positioniert sich der Bund der Deutschen Katholischen Jugend in der Debatte um ein soziales Pflichtjahr?
Wir lehnen ein soziales Pflichtjahr ab, weil es unserer Ansicht nach den Freiheits- und Grundrechten junger Menschen widerspricht. Es ist paternalistisch, ein solidarisches Miteinander erzwingen und die Zukunftsaussichten junger Menschen auf so eine Weise einschränken zu wollen. Auch, weil eben diese jungen Menschen ja bereits solidarisch sind und die Dienste einen super Zulauf haben. Rund 100.000 junge Leute entscheiden sich jedes Jahr für einen Freiwilligendienst. Das sollten wir nutzen und lieber noch aktiver dazu einladen und über die Möglichkeiten informieren.

Aber könnte ein Pflichtdienst nicht der Polarisierung innerhalb der Gesellschaft entgegenwirken? Man kann sich seine Kolleginnen und Kollegen ja nicht aussuchen.
Dieses Zusammenkommen von Milieus ist ein hoher Wert, das ist richtig. Aber das passiert auch im Freiwilligendienst, dafür braucht es keinen Zwang. Eine Hürde ist stattdessen, dass eher Menschen mit höheren Bildungsabschlüssen und stabileren Finanzsituationen einen Freiwilligendienst machen. Leute aus finanziell schwächeren Haushalten können sich das oftmals nicht leisten. Die Lebenshaltungskosten werden vom geringen Taschengeld beim Freiwilligendienst nicht abgedeckt. Wir setzen da an und möchten mit einem Gegenangebot eine gangbare Alternative schaffen.

"Wir sagen, damit mehr Menschen einen Freiwilligendienst leisten und das allen zugänglich ist, braucht es eine auskömmliche Förderung."
Gregor Podschun, BDKJ-Bundesvorsitzender

Sie sprechen die Forderung des BDKJ nach einem Recht auf Förderung von Freiwilligendiensten an.

Genau. Wir sagen, damit mehr Menschen einen Freiwilligendienst leisten und das allen zugänglich ist, braucht es eine auskömmliche Förderung. Ein Rechtsanspruch darauf würde den Trägern der Stellen helfen, die entsprechende Förderung für ihr Kontingent an Plätzen sicherzustellen und so die Rahmenbedingungen zu verbessern. Damit könnten wir die Anzahl der Freiwilligen pro Jahr verdoppeln. Und unterm Strich wäre das immer noch günstiger, als die ganze behördliche Infrastruktur für einen Pflichtdienst zu schaffen. Das wäre eine Win-Win-Win-Situation für die Freiwilligen, die Gesellschaft und für die Politik.


Foto: BDKJ-Bundesstelle/Christian Schnaubelt

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Geschrieben von
Markus Wessel-Therhorn

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