Ausgabe 2-2024 : Mai

Das Herz brennt immer noch

Das Leben mit der Kirche von heute und Emmaus – Enttäuschungen, Verletzungen und was daraus werden kann.

Das Emmaus-Evangelium (Lk 24, 13-35) gehört zum Ostermontag, mit dem die Gottesdienstgemeinde aus der großen Feier der Auferstehung Jesu in den Alltag entlassen wird. Es lohnt sich, das Evangelium auf dem Hintergrund des aktuellen Geschehens rund um die Kirche zu betrachten.

Im Gespräch, das die beiden Jünger mit dem Unbekannten führen, der sich später als der Auferstandene zu erkennen gibt, lässt sich wiederfinden, was Menschen auch heute im Blick auf Kirche und gelebtes Christentum ins Wort bringen: die große Erwartung im Blick auf Jesus von Nazaret; dass allein die versöhnende Liebe und die bedingungslose Zuwendung zu jedem Menschen diese Welt und unser Leben nachhaltig gestalten können. Und dann die große Enttäuschung, wenn menschengemachte Schuld und strukturelles Versagen diese Erwartungen zunichtemachen und Menschen dazu führen, auf Abstand zu gehen und zu resignieren – sie tut weh und bringt nicht wenige dazu, sich endgültig zu verabschieden. 

Jesus geht mit

Davon, dass viele Menschen angesichts der Trägheit, mit der sich eine große Institution bewegt, alle Hoffnung fahren lassen, dass sich jemals noch etwas ändern wird, will ich nicht anfangen. Die Verletzungen, die durch erfahrene Unbarmherzigkeit seitens der "Amtskirche" und ihrer Amtsträger entstanden sind, werden oft genug benannt. Ich will aber nicht schweigen darüber, dass das Emmausevangelium genau solche Erfahrungen im Blick hat: Jesus geht in aller Enttäuschung und Verletzung mit. Er wendet sich den Menschen zu. "Da ging er mit hinein, um bei ihnen zu bleiben", schreibt der Evangelist Lukas (Lk 24,29). Diese Aussage geht vermutlich in der Erzählung unter; sie will aber wörtlich und ernst genommen werden! Jesus bleibt bei denen, die auf Abstand gehen, weil sie eben "nicht fertig" sind mit dem, was sie vom Evangelium verstanden und für ihr Leben angenommen haben. Ihr Herz brennt immer noch! Wie gut, dass wir ihnen mit unserem fortgeschriebenen Leitbild eine Tür offen lassen.


Fotos: Oleh Slobodeniuk/iStockphoto, Kolpingwerk Deutschland
 

Hans-Joachim Wahl
Bundespräses


Kolpingwerk Deutschland
50606 Köln
bundespraeses(at)kolping.de

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