"Ganz ehrlich, am Anfang habe ich nicht daran gedacht, eine Ausbildung zu machen oder Zweiradmechatroniker zu werden", lacht Ali Abbas. Für den heute 30-Jährigen war es eine glückliche Fügung, als er von einem Berater der Handwerkskammer Münster den entscheidenden Tipp bekam, bei 2-Rad Hansen ein Praktikum zu absolvieren. Schnell merkt Chef Marc Hansen: Ali hat das, was es braucht – und bietet dem jungen Mann kurzerhand eine Ausbildungsstelle an. Damit nicht genug: Dreieinhalb Jahre später, noch am Tag von Alis Gesellenprüfung, schlägt der Geschäftsführer des mittelständischen Familienunternehmens dem engagierten Mitarbeiter direkt vor, seinen Meister dranzuhängen. "Das habe ich natürlich angenommen. Gelegenheiten muss man nutzen", freut sich Ali.
1 von 130: Deutsche Meisterstücke
130 Ausbildungsberufe gibt's hierzulande im Handwerk. 1 davon haben wir für Dich besucht. Heute: Ali Abbas, Zweiradmechatroniker.
Ohne das Handwerk würde es das Kolpingwerk so nicht geben. Schließlich gründete Adolph Kolping – selbst gelernter Schuhmacher – vor 175 Jahren seinen katholischen Gesellenverein, um Handwerkern unter die Arme zu greifen. Grund genug, zu schauen: Wie wird Handwerk heute gelebt? Wie hat es sich verändert – und was ist seit Jahrhunderten gleich? Über Meister, Gesellen und Lehrlinge.
Kaum zu glauben, dass der gebürtige Syrer erst seit acht Jahren in Deutschland lebt. Als Kriegsflüchtling kommt er mit 22 Jahren ganz allein nach Münster. Vor allem die deutsche Sprache ist für den jungen Mann anfangs eine riesige Herausforderung. Heute ist davon nichts mehr zu merken. Das hat Ali auch seiner Frau zu verdanken. "Ohne sie hätte ich es nicht geschafft. Es gab einen Moment, da wollte ich abbrechen. Aber sie hat gesagt: 'Nein, in Deutschland macht man eine Ausbildung, wenn man eine Zukunft haben will.' Dann habe ich weiter gemacht. Und jetzt steht bei mir ein Gesellenbrief zuhause und bald der Meister", erzählt Ali stolz.
In der Werkstatt fühlt Ali sich zuhause. Hier noch schnell einen Akku prüfen, dort die Gangschaltung nachjustieren und beim E-Bike den Rechner für eine Fehlerdiagnose anwerfen – Ali liebt seinen Job. "Im Winter ist es natürlich etwas ruhiger, aber jetzt im Sommer, da brennt die Hütte. Der Kundenkontakt macht mir richtig Spaß, den Leuten erklären, wie die einzelnen Teile funktionieren und dann weiterhelfen zu können", schwärmt der Mechatroniker.
Je komplizierter, desto besser
Am meisten liebt es Ali aber, zu tüfteln. Je komplexer das Problem, desto mehr Spaß hat er dabei. Spezialisiert ist der angehende Meister auf E-Bikes; im Unterschied zum Zweiradmechaniker kann der Mechatroniker nämlich auch Elektroräder montieren und reparieren. "Ich liebe Schrauben, Basteln und Nachdenken", bekennt der Geselle. Seit einem Jahr arbeitet der junge Fahrradschrauber nun in Vollzeit als Werkstattleiter einer kleineren Niederlassung in der Innenstadt von Münster, während er nach Feierabend in Teilzeit seine Weiterbildung verfolgt und zwei Mal pro Woche die Schulbank drückt. Wenn es gut läuft, hat der engagierte Syrer im kommenden April seinen Meister in der Tasche. Und dann? "Ich bleibe auf jeden Fall erst mal im Betrieb. Natürlich hat man Träume, mal schauen, was noch kommt!"
Zweiradmechatroniker*in
Gewerkegruppe: Elektro- und Metallgewerbe
Interessensbereich: Metall, Design, Verkehr/Mobilität, Verkauf/ Beratung
Dauer der Ausbildung: 3,5 Jahre
Vergütung (Brutto):
ca. 650 € im 1. Lehrjahr
ca. 910 € im 4. Lehrjahr
Einstiegsgehalt (Brutto): ca. 2.000 €
Gehalt als Meister (Brutto): ca. 5.000 €
Voraussetzung: Hauptschulabschluss oder Realschulabschluss, Abitur oder Fachabitur
Auch im nächsten Magazin schauen wir uns 1 von 130 an! Gibt es einen handwerklichen Beruf, über den Du mehr erfahren möchtest? Dann schick’ uns gerne Dein Feedback an mitmachen(at)kolping.de oder postalisch an Kolpingwerk Deutschland, Redaktion, St.-Apern-Straße 32, 50667 Köln.
Fotos: Friederike Nehrkorn
Handwerk in Zahlen
363.000 junge Menschen lernen in Deutschland gerade ein Handwerk. Jedes Jahr kommen rund 140.000 neue hinzu. Denn Handwerk hat viel zu bieten: gute Verdienstmöglichkeiten, Fachkräfte sind gefragt wie nie. Hammer und Hobel gehören auch heute noch in den Werkzeugkasten, doch längst werden in den Gewerken öfter Laptop und Laser gezückt, als der Zollstock.
1 von 130: Deutsche Meisterstücke
130 Ausbildungsberufe gibt's hierzulande im Handwerk. 1 davon haben wir für Dich besucht. Heute: Goldschmiedin Marina Müller (32 Jahre)
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