Ausgabe 2-2022 : Mai

Der Ausgleich ist fällig

Sollte es für Feiertage, die je nach Jahr auf einen Wochenendtag fallen, einen Ausgleich geben? Für einen gesetzlich verankerten Feiertagsausgleich gibt es gute Gründe!

Mal ganz ehrlich: Wer hat sich nicht schon das eine oder andere Mal darüber geärgert, dass der 1. Mai auf einen Samstag fiel? Genauso wie der Tag der Deutschen Einheit. Oder der 1. Weihnachtstag auf einen Sonntag.

Es gibt Feiertage, die – im Gegensatz zu Ostermontag oder Christi Himmelfahrt – nicht an einen festen Wochentag gebunden sind, sondern jedes Jahr „rotieren“. Vor allem im vergangenen Jahr, aber auch in diesem Jahr war und ist dies für Millionen von Beschäftigten ärgerlich, weil es die Anzahl der ihnen zur Verfügung stehenden freien Tage spürbar verkürzt. 2021 um ganze vier Tage. Und das ausgerechnet in Zeiten der Pandemie, die sowohl beruflich als auch privat eine enorme Belastung darstellt.

In Politik und Gesellschaft ist die Debatte darüber, ob es für Feiertage, die je nach Jahr auf einen Wochenendtag fallen können, unter der Woche einen Ausgleich geben sollte, immer wieder versandet. Dabei gibt es gute Gründe, weshalb ein gesetzlich verankerter Feiertagsausgleich dringend geboten ist. Zum einen dienen Feiertage dazu, bestimmter Ereignisse zu gedenken und Traditionen zu pflegen. Sie dienen zum anderen aber auch dazu, Erwerbstätigen außerhalb ihrer gesetzlich garantierten Urlaubstage kurze Phasen der Auszeit zu gewähren, ganz gleich, ob im Kreis der Familie, mit Freunden und Bekannten oder alleine. Wenn allerdings die Anzahl solcher kurzer Auszeiten willkürlich vom Kalender abhängt, wird daraus in gewisser Weise sogar ein Gerechtigkeitsproblem. Immerhin hat man dieses Problem in etwa 85 Ländern der Welt erkannt und längst gehandelt.

Gemeinsamer Tag der Muße

Wie also könnte ein Ausgleich für entgangene Feiertage aussehen? Zum Beispiel wie in Luxemburg, wo es Arbeitgebern und Arbeitnehmern überlassen ist, sich auf einen Ausgleichstag zu verständigen. Man könnte es aber auch wie in Großbritannien machen. Dort gilt in der Regel am darauffolgenden Montag eines „Wochenend-Feiertages“ ein für alle verbindlicher Ausgleichstag. Gerade Letzteres besticht, weil es dem Ausgleichstag nicht nur die Funktion eines einfachen freien Arbeitstages zuschreibt. Es berücksichtigt eine weitere wesentliche Funktion von Feiertagen, indem es einen gemeinsamen Tag der Muße darstellt.

Dies findet durchaus auch aus der Wissenschaft Zuspruch. So spricht sich der ehemalige Vorstandsvorsitzende des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Gert C. Wagner, in einem kürzlich erschienenen Beitrag für einen allgemein verbindlichen Ausgleichtag nach englischem Vorbild aus. Nicht nur, weil dies zusätzlichen Raum für gemeinsame Erlebnisse in Familie und Bekanntenkreis eröffnen würde. Sondern auch, weil die gesamtwirtschaftliche Produktivität steigen könnte, wenn die Beschäftigten im Rahmen gemeinsam verbrachter Freizeit zusätzliche Erholung erleben. Die Debatte über die Vorzüge des englischen „Feiertagsmodells“ lohnt sich. Sie sollte trotz anderer wichtiger Debatten endlich abschließend geführt werden.  


Foto: Sai Kiran Anagani/unsplash.com

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